„Der SoFFin beabsichtigt, der neuen Commerzbank zusätzlich Eigenkapital in Höhe von 10 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Dies erfolgt durch die Emission von rund 295 Millionen Stück Stammaktien und durch eine stille Einlage in Höhe von ca. 8,2 Milliarden Euro. Als Preis pro Aktie wurden 6 Euro vereinbart. Nach der Transaktion hält der Bund 25 % plus eine Aktie an der neuen Commerzbank.” (Ad-hoc-Meldung der Commerzbank AG v. 8.1.2008). — Wo kommen die 295 Millionen Aktien her, die von dem Finanzmarktstabilisierungsfond übernommen werden sollen?
Dazu bedarf es einer Kapitalerhöhung (§§ 182 ff AktG) und zusätzlich des Ausschlusses des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre. Ein genehmigtes Kapital (§§ 202 ff AktG) in dieser Höhe gibt es offenbar nicht bzw. ein Bezugsrechtsausschluss ist nicht gestattet (§ 4 Satzung der Commerzbank AG). Eine ordentliche Hauptversammlung dürfte angesichts der Dringlichkeit nicht einberufen werden.
Damit kommt es zur erstmaligen Anwendung der Bestimmungen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes. Nach Art. 2 § 3 FMStG kann der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Kapital erhöhen („gesetzlich genehmigtes Kapital”). Die europarechtliche Zulässigkeit dieser Vorschrift ist umstritten, da die Hauptversammlung nicht mitwirkt. Daher halten Hellwig (FAZ v. 5.11.2008 S. 23) und Ziemons (DB 2008, 2635) diese Regelung unter Bezugnahme auf die Kapitalrichtlinie und drei EuGH-Entscheidungen aus den neunziger Jahren für europarechtswidrig. Dagegen wendet sich Gehling (Börsenzeitung v. 3.12.2008, S. 2): „In einer notstandsähnlichen Krise … muss die gemeinschaftsrechtliche Gewährleistung eines einheitlichen Standards an Aktionärsrechten – hier: der Beteiligung der Hauptversammlung an der Entscheidung über die Kapitalerhöhung – hinter dem Ziel zurücktreten, das notwendige Instrumentarium zur Bewältigung der Finanzkrise zu schaffen. Das nationale Recht kann Anwendungsvorrang für sich beanspruchen”. Ich sehe das iE ebenso (Noack S:R 2008, 356) . Insbesondere die Kefalas-Entscheidung des EuGH (12.5.1998, C‑367/96) lässt sich in diesem Sinne anführen und auch Art. 41 Abs. 1 der Kapitalrichtlinie ist zu berücksichtigen.
Ein weiterer Weg wäre die äußerst kurzfristige Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung: Die Einberufungsfrist beträgt gem. Art. 2 § 7 Abs. 1 S. 2 FMStG „mindestens einen Tag”!
Na dann wollen wir mal abwarten, ob der Registerrichter in Frankfurt einträgt oder die Eintragung wegen Europarechtswidrigkeit ablehnt bzw. wegen verfassungsrechtlicher Bedenken (Verwässerung der Anteile der nicht bezugsberechtigten Altaktionäre, Art. 14 GG) dem Bundesverfassungsgericht vorlegt.
Das Registergericht Frankfurt ist dafür bekannt, dass es fast alles einträgt. Ich hätte da wenig Bedenken, zumal sich dort niemand seine Karriere ruinieren wird. Interessant ist allerdings schon, dass einer der Juristen des BMJ, welcher maßgeblich am FMStG mitgearbeitet hat, auf einem Vortrag im Dezember in Berlin zugestanden hat, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bzw. Europrechtswidrigkeit durchaus bestehen könnten. Seiner Auffassung nach würde daher die stille Einlage bevorzugt werden. Die Tatsache, dass nunmehr dennoch Aktien der Commerzbank übernommen werden, belegt wie dramatisch die Lage dort sein dürfte. Die Tatsache, dass auch keinerlei Begründung für die Notwendigkeit einer Übernahme von Aktien gegeben wird, dürfte nicht dazu beitragen, das Vertrauen in die Banken generell wiederherzustellen.
Keine Angst den Banken wird doch geholfen.