Auf der Hauptversammlung einer nichtbörsennotierten AG werden drei Aufsichtsräte gewählt. Die Niederschrift der Hauptversammlung gibt an, dass durch Handzeichen abgestimmt wurde. Sodann enthält sie das Ergebnis der Abstimmung (Zahl der Ja-Stimmen, Zahl der Nein-Stimmen, keine Enthaltungen). Ist der Aufsichtsrat wirksam bestellt?
Nein, erklärt das LG München I (Urt. v. 30.8.2012 – 5 HK O 1378/12). Das Gericht sieht einen Verstoß gegen § 130 II 1 AktG, der gem. § 241 Nr. 2 AktG zur Nichtigkeit des Beschlusses führe. Es sei nicht angegeben worden, wie das Abstimmungsergebnis ermittelt wurde.
Geht´s noch? Da wird also eine Aufsichtsratsbestellung für null und nichtig erklärt, weil nicht protokolliert wurde, ob das Additions- oder das Subtraktionsverfahren zur Stimmenzählung verwandt wurde. Und dem könne, so die Kammer, „auch nicht entgegengehalten werden, es bestehe keinerlei Unklarheit bei den Aktionären über das Abstimmungsergebnis”.
Wenn es eines Belegs bedarf, wonach das Beschlussmängelrecht zu renovieren ist, dann liegt er mit einer solchen Entscheidung vor. Die Nichtigkeit ist eine ganz unangemessene Rechtsfolge für die vom Landgericht angenommene Unterlassung. Hinzu kommt, dass bei AR-Wahlen auch keine Heilung durch Eintragung in das Handelsregister oder durch Zeitablauf in Betracht kommt (§ 242 AktG).
In der Sache liegt das LG München falsch. Die Art der Abstimmung (hier: durch Handzeichen) ist angegeben, eine weitere Beschreibung der praktizierten Stimmauszählung ist jedenfalls bei den überschaubaren Verhältnissen einer börsenfernen AG entbehrlich. Dass sich der Registerrichter, bei dem das Protokoll lediglich einzureichen ist, gerade dafür interessiere ist – vorsichtig formuliert – fernliegend. Das soll nach dem LG „im Zusammenhang mit Aufsichtsratswahlen aus §§ 407, 104 I 2 AktG” aber der Fall sein. Eine schwer verständliche Einschätzung, geht es doch bei den zitierten Normen um die Pflicht des Vorstands, eine AR-Ergänzung zu beantragen, wofür bei erfolgter Wahl gerade kein Anlass besteht – es sei denn, man sagt, die Wahl sei nichtig, und nichtig sei sie deshalb, weil der Registerrichter die Stimmauszählung mitgeteilt, aber nicht zusätzlich erläutert bekommt. Ein Zirkel, aus dem es kein Entkommen gibt.
Der „auf Rechtssicherheit angelegte Normzweck des Erfordernisses der Niederschrift gebietet es, die entsprechenden Rechtsfolgen aus § 241 Nr. 2 AktG eingreifen zu lassen”, dekretiert das Gericht. Die Aussage ist nicht nur sprachlich wenig ansprechend, sondern auch verfehlt. Eine enge Auslegung des § 130 II AktG im Allgemeinen und bei börsenfernen Gesellschaften im Besonderen ist geboten, um die juristische Vernichtungsfreude zu bändigen. Das und noch mehr hätte im Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2011, § 130 Rn. 157, 162, 354, 355 nachgelesen werden können … .
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