Über den (ehemaligen) Vorstandsvorsitzenden der Audi AG meldet die Muttergesellschaft, die Volkswagen AG: „Audi-CEO Rupert Stadler (wurde) auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II am 18. Juni in Untersuchungshaft genommen. Stadler hat den Aufsichtsrat gebeten, von seinen Aufgaben im Vorstand der AUDI AG und im Vorstand der Volkswagen AG vorübergehend entbunden zu werden. Die Aufsichtsräte von Volkswagen und Audi haben der Bitte von Stadler entsprochen, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden. Die Entbindung wird vorübergehend vorgenommen, bis der Sachverhalt geklärt ist, der zu seiner Verhaftung geführt hat.“
Was ist das, eine „vorübergehende Entbindung“ von den Vorstandsaufgaben? Ist der Mann nun weiter Vorstandsmitglied oder ist er es nicht? Muss das Vorgang zur Eintragung im Handelsregister angemeldet werden (§ 81 AktG)?
Das AktG kennt nur die Abberufung durch den Aufsichtsrat (§ 84 III AktG). Daneben besteht der allgemeine Grundsatz, dass das Vorstandsmitglied sein Amt niederlegen kann. Beides ist im Audi-Fall wohl nicht geschehen, sondern hier kommt eine dritte Variante ins Spiel: die Suspendierung (Entbindung) durch den Aufsichtsrat. Sie soll nach einer Ansicht nur ein im Innenverhältnis wirksames Ruhen der Geschäftsführung durch das Vorstandsmitglied bewirken. Die Vertretungsmacht des Suspendierten im Außenverhältnis bleibe bestehen. Insoweit sei, so heißt es, die Suspendierung nicht publizierungspflichtig, insbesondere bedürfe sie nicht der Anmeldung zum HR. Das Vorstandsmitglied sei auch weiterhin auf Geschäftsbriefen und im Anhang des Jahresabschlusses zu nennen (Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des AR, 6. Aufl. 2014, Rn. 378). Andere Stimmen (Spindler in MüKoAktG, 4. Aufl. 2014, § 84 Rn. 155) sagen, die Suspendierung sei immer ein Widerruf der Bestellung, so dass der Suspendierte kein Vorstandsmitglied mehr ist; die Änderung sei zum Handelsregister anzumelden.
Bei einer (wie im Audi-Fall) einvernehmlichen Suspendierung ist noch fraglich, ob es einen wichtigen Grund, wie er zu Abberufung nötig wäre, geben muss. Jedenfalls der Verdacht eines solchen Grundes dürfte insoweit genügen – und er liegt auch offensichtlich vor.
Notwendig ist, den Zeitraum der Suspendierung einzugrenzen, wenn man der erstgenannten Auffassung folgt, die lediglich die Geschäftsführungsbefugnis entfallen lässt. Ein angemessener zeitlicher Umfang sei erlaubt, etwa ein Monat. Ist das gewahrt, wenn es heißt, „bis der Sachverhalt geklärt ist, der zu seiner Verhaftung geführt hat“? Das kann ja noch lange dauern.
Überblick bei Dörrwächter NZG 2018, 54 ff; Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl. 2018, § 84 Rn. 43.
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