„Nach Stunden wird die Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart am Sonntag wegen einer WLAN-Panne abgebrochen.“ (Kicker v. 14.7.2019). Die 4 500 Teilnehmer konnten sich nicht über ihre Smartphones bzw. über bereit gestellte Tablets einwählen. Dieser „schwarze Tag“ bei einer großen Vereinsversammlung sollte alle Organisatoren von AG-Hauptversammlungen interessieren. Dort ist die Tablet-Abstimmung der präsenten Aktionäre durchaus verbreitet (hier und hier und hier), der Stimmkartenblock im Schwinden. Von Pannen ist bislang nichts bekannt – doch der sonntägliche VfB-Unfall (dessen Ursachen noch nicht aufgeklärt sind), sollte aufhorchen lassen.
Im Übrigen ist die Diskussion über die Online-Teilnahme bei Mitgliederversammlungen im Gange. Dass nur die Präsenzteilnehmer ihr Stimmrecht wahrnehmen können, die bei Großvereinen oft nur einen geringen Anteil der Mitglieder bilden, ist eine fragwürdige Folge.
In der NJW 2017 (S. 1345 ff) habe ich dazu geschrieben (Fazit):
„Bei mitgliederstarken Großvereinen könnte, wenn alle kämen, eine Präsenzversammlung gar nicht mehr stattfinden. Das spiegelbildliche — praktisch bedeutsamere — Problem ist, dass zu wenige Mitglieder erscheinen, weshalb eine feste Minderheit bei Satzungsbeschlüssen blockieren kann. Von beiden Richtungen her besteht das Bedürfnis, neue Möglichkeiten der Teilhabe außerhalb physisch präsenter Anwesenheit zu nutzen.
Mitgliederversammlung meint sowohl das Organ als auch das Verfahren. Der Wille der Mitglieder soll sich in einer informierten Entscheidungsfindung äußern. Dabei besteht ein großer (digitaler) Gestaltungsspielraum. Der Verein kann insbesondere
• die MV audiovisuell an die Mitglieder übertragen. Damit ist eine passive Teilhabe möglich.
• eine Stimmrechtsvertretung durch Satzungsklausel einrichten. Vertreter kann auch eine vom Vorstand benannte Person sein, die weisungsgebunden abstimmt. Die Vollmacht darf auf elektronischem Weg erteilt werden (Praxis bei Aktiengesellschaften seit 2001).
• aufgrund einer Satzungsklausel eine Fernabstimmung anbieten („Briefwahl“). Die Mitglieder können ihre Stimme schriftlich oder elektronisch vor und während der Versammlung abgeben, sofern sie nicht an der Präsenzversammlung teilnehmen.
• eine Online-Teilnahme an der Präsenz-MV anbieten. Dann nehmen Mitglieder im Wege elektronischer Kommunikation teil, sei es als Mitgliedergruppe an einem anderen Ort, sei es individuell. Für diese digitale Erweiterung der MV auf nicht am Ort präsente Mitglieder ist keine Satzungsregelung erforderlich (str.).
• aufgrund einer Satzungsregelung statt der Präsenz-MV eine reine Online-MV abhalten. Diese Online-Versammlung braucht kein auf einen Tag fixiertes Ereignis zu sein, sondern kann über eine Zeitperiode als strukturierter Internetprozess abgewickelt werden. Dies wäre zukünftig auch für manche Großvereine eine Alternative.“
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