Ein Beschluss der GmbH-Gesellschafterversammlung wird durch Klage bei einer Zivilkammer des Landgerichts München I angefochten. Niemand stellt einen Antrag auf Verweisung an die Kammer für Handelssachen (s. § 97 I GVG: „Wird vor der Zivilkammer eine vor die Kammer für Handelssachen gehörige Klage zur Verhandlung gebracht, so ist der Rechtsstreit auf Antrag des Beklagten an die Kammer für Handelssachen zu verweisen.”). So wird im Jahr 2006 munter prozessiert, Beweise erhoben etc. Dann im Mai 2007 ein Richterwechsel. Der Neue verweist an die KfH, die das Verfahren aber nicht übernehmen will.
Das OLG München v. 14.9.2007, 31 AR 211/07) sagt dazu: Durch den mit Wirkung vom 1.11.2005 eingefügten § 246 Abs. 3 Satz 2 AktG („Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer.”) wird die ausschließliche funktionelle Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen begründet mit der Folge, dass nur diese zur Entscheidung berufen ist. Die Norm ist entsprechend auf Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH anzuwenden. Mit der verbindlichen Zuweisung dieser Verfahren an die Kammer für Handelssachen wird vor allem deren besondere Sachkunde nutzbar gemacht. Die funktionell unzuständige Zivilkammer kann den Rechtsstreit, für den eine ausschließliche Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen besteht, von Amts wegen formlos an diese abgeben. Der fortgeschrittene Verfahrensstand schließt die Abgabe nicht aus; denn die Zuständigkeitsregelung ist zwingend und kann weder durch die Geschäftsverteilung des Gerichts abweichend geregelt noch aus Gründen der Prozessökonomie im Einzelfall außer Acht gelassen werden.
Beim Lesen der Entscheidung drängt sich die Frage auf, ob dasselbe auch für den neuen Satz 3 von § 246 III AktG gilt, wonach (über § 142 V 5 und 6 AktG) die Landesregierungen die örtliche Zuständigkeit in Beschlussmängelstreitigkeiten für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem Landgericht übertragen können. Einige Bundesländer haben hiervon Gebrauch gemacht, so Bayern mit § 15a Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz. Ist dieses Gericht dann auch für GmbH-rechtliche Anfechtungsklagen zuständig?
Die Argumentation des OLG München paßt auch hier: Mit der verbindlichen Zuweisung wird vor allem die bei einzelnen Gerichten bestehende besondere Sachkunde nutzbar gemacht. Es erscheint daher nur konsequent, neben dem neuen Satz 2 auch Satz 3 entsprechend im GmbH-Recht anzuwenden.
Als Konsequenz aus der Entscheidung haben die Vorsitzenden Richter der Kammern für Handelssachen des betroffenen Landgerichts München I nunmehr eine Änderung der Bayerischen Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz initiiert, um nicht in GmbH-rechtlichen Anfechtungsklagen zu ertrinken und diese bei den bisher zuständigen Landgerichten zu belassen.