Die unternehmensrechtlichen Vorhaben der neuen Koalition nach dem Entwurf eines Koalitionsvertrags (im Folgenden nicht berücksichtigt: steuerrechtliche, arbeits- und aufsichtsrechtliche Pläne):
1. Gesellschaftsrecht
- „(Es) sind die jüngsten Gesetzesanpassungen zur Haftung und Vergütung weiter zu entwickeln. (728, 729)
- Wir unterstützen die Professionalisierung der Aufsichtsratsarbeit. Wir werden das Mitspracherecht der Hauptversammlung bei der Festlegung der Eckpunkte von Vorstandsvergütungen stärken. Wir wollen eine Mindestwartefrist von zwei Jahren für ehemalige Vorstandsvorsitzende beim Wechsel zum Aufsichtsratsvorsitzenden desselben börsennotierten Unternehmens – dabei sind allerdings die Besonderheiten von Familienunternehmen zu berücksichtigen. (744−749)
- Entsprechend den Grundsätzen der Unternehmensführung (Corporate Governance Codex) werden wir in Gespräche über die Größe von Aufsichtsräten eintreten. Darüber hinaus soll neben Aufsichtsräten und Vorständen auch ein Ehrenkodex für Betriebsräte entwickelt werden (751−754)
- Die Schaffung eines Statuts für eine Europäische Privatgesellschaft fördern wir im Interesse mittelständischer Unternehmen. Der grenzüberschreitender Charakter und Gläubigerschutzvorschriften, wie ein ausreichendes Mindeststammkapital, werden berücksichtigt. (5031−5034)
-
Entscheidungen kommunaler Gesellschaften müssen transparent sein. Hierzu muss der Grundsatz der Öffentlichkeit bei kommunalen Entscheidungen im Rahmen der Abwägung mit der gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht ein deutlich höheres Gewicht als bisher erhalten. (5211−5214)”
2. Insolvenzrecht
- „Wir wollen die Restrukturierung und Fortführung von sanierungsfähigen Unternehmen erleichtern und damit den Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglichen. Hierzu gehört es, die rechtlichen Rahmenbedingungen für außergerichtliche Sanierungsverfahren für Unternehmen im Vorfeld einer drohenden Insolvenz zu verbessern. Das Insolvenzplanverfahren soll vereinfacht und im Sinne eines Restrukturierungsrechts noch stärker auf die Frühsanierung von Unternehmen ausgerichtet werden. (476−483)
- Wir wollen Gründern nach einem Fehlstart eine zweite Chance eröffnen. Dazu wird die Zeit der Restschuldbefreiung auf drei Jahre halbiert (841, 842).”
3. Kartellrecht
„In das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wird als ultima ratio ein Entflechtungsinstrument integriert. Darüber hinaus werden Elemente der europäischen Fusionskontrolle übernommen (461−463).”
4. Bilanzrecht
- „Wir setzen uns für eine mittelstandsfreundliche Überarbeitung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften ein. (796, 797)
- Wir streben eine Überarbeitung der internationalen Standards zur Rechnungslegung innerhalb der International Financial Reporting Standards an. In diesem Zusammenhang verfolgen wir das Ziel, dass die deutsche Sichtweise des Handelsgesetzbuchs im International Accounting Standards Board stärker repräsentiert ist und die demokratische Legitimation bei der Setzung der Rechnungslegungsstandards erzielt wird. (2276−2281)”
Erster Eindruck: Das Gesellschaftsrecht dürfte nach diesen Ankündigungen eine ruhige Zeit vor sich haben; die Zeit der Reformen in Permanenz scheint vorbei. Die Mitbestimmung ist nach wie vor tabu; nicht einmal der Vorschlag, eine Verhandlungslösung einzuführen, hat Gehör gefunden; was kommt sind „Gespräche” über die Größe von Aufsichtsräten. Hingegen wird im Insolvenzrecht ein Fass aufgemacht (zur Erinnerung: vor zehn Jahren trat die InsO nach langer Vorbereitung in Kraft). Restschuldbefreiung nach nur 3 Jahren – so etwas birgt Zündstoff. Restrukturierung und Frühsanierung sind die neuen Schlagworte; da wird man auch an die Gesellschafterpositionen ran müssen, also von dieser Seite her doch keine Ruhe im Gesellschaftsrecht …
Nicht zum Unternehmensrecht gehörend und auch sonst nicht einzuordnen ist diese Ambition: „Unser Ziel ist es, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen (858)”.
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