Die Erteilung der Stimmrechtsvollmacht bedarf der Textform – so bestimmt es § 134 Abs. 3 S. 3 AktG. Die Gesellschaften bieten für den von ihr benannten Vertreter seit fast einem Jahrzehnt einen Internetdialog an. Der Aktionär ruft eine Internetseite auf, authentifiziert sich (meistens mit einer Kennung, die ihm die Gesellschaft oder die Depotbank übermittelt hat) und klickt auf den Button „Bevollmächtigung”. – Auf einem ganz anderen Rechtsgebiet (Verbraucherschutz) hat der BGH am 29.4.2010 (I ZR 66/08 – „Holzhocker”) ein Urteil gesprochen, das als Schlagzeile so kommuniziert wurde: „Website erfüllt Textformerfordernis nicht” (MMR-aktuell 2010, 309923). Es ging darum, ob die Präsentation auf der Internetseite des Anbieters eine mitgeteilte Widerrufsbelehrung in Textform ist (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB). Das hat der I. Zivilsenat verneint: Die Belehrung gehe dem Verbraucher vor dem Vertragsschluss nicht ohne dessen weiteres Zutun in Textform zu, solange er sie nicht auf seinem eigenen Computer abspeichert oder ausdruckt. (Zur Kritik Noack/Kremer, Nomos-Kommentar BGB, 2. Aufl. 2011, § 126b Rn. ff — im Druck).
Mit der für die Stimmrechtsvollmacht verlangten Textform (§ 126b BGB) hat dieses Urteil entgegen dem ersten Anschein aber nichts zu tun. Im Verbraucherrecht ist der Zugang (die Mitteilung) in Textform zu beachten, während es im Aktienrecht um die Abgabe der Erklärung gegenüber der Gesellschaft geht (zutr. Rieckers in: Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 134 Rn. 70). Die Bevollmächtigung per Mausklick, wodurch auch die „Person des Erklärenden” (§ 126b BGB) auf der Internetseite genannt wird, wahrt die Textform. Die in Binärdaten erfolgende Einlieferung dieser formgerecht abgegebenen Erklärung in das IT-System der Gesellschaft ist nicht an eine Form gebunden. Es bleibt bei der Einschätzung des Begründung des Regierungsentwurfs zu § 134 AktG i.d.F. ARUG, wonach „die bisher üblichen Methoden der Vollmachtserteilung (Bildschirmformular, Internetdialog) nach herrschenden Meinung von der Textform gedeckt” sind. Eine Satzungsklausel dazu ist möglich (und auf Grund der Rechtslage bis 2009 vielfach gebräuchlich), aber nicht notwendig (a.A. wohl Drinhausen/Keinath BB 2009, 64, 68).
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