Ein Lehrstück für meine Studenten im Kurs Kapitalgesellschaftsrecht.
Die Bertelsmann AG meldete am 25.5.2006: „Die Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft (BVG), Familie Mohn und die Stiftung, die Groupe Bruxelles Lambert (GBL) und der Vorstand der Bertelsmann AG haben sich … darauf geeinigt, dass Bertelsmann die von GBL gehaltene Beteiligung zurück erwirbt. Der Kaufpreis für die 25,1‑prozentige Beteiligung der GBL beträgt 4,5 Mrd. €. … Der Rückkauf der Anteile wird am 1. Juli 2006 vollzogen. … Der Rückkauf wird mit einem Zwischenkredit mehrerer Banken finanziert.”
Verbreitet weiß man, dass eine AG — mit Billigung durch die Hauptversammlkung — nicht mehr als 10% eigene Aktien halten darf (§ 71 I Nr. 8 AktG). Da läge die Bertelsmann AG deutlich drüber. Freilich erlaubt § 71 I Nr. 6 AktG auch den Erwerb eigener Aktien „auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals”. Offenbar hat man das bei Bertelsmann vor, obwohl darüber in der o.g. Meldung nichts gesagt wird.
Jetzt geht es etwas kompliziert weiter: Der an den Aktionär zu zahlende Kaufpreis liegt nach Presseberichten erheblich über dem Buchwert. Wie kann so etwas mit der Kapitalbindung vereinbart werden? Die §§ 225 II 1, 237 II 1 AktG setzen die allgemeine Ausschüttungssperre (§§ 57 I 1, III AktG) nur in Höhe des Buchgewinns außer Kraft. Das Grundkapital wird in Höhe des Nominalbetrags der eingezogenen Aktien herabgesetzt; nur insoweit entsteht ein Buchgewinn. Bliebe es dabei, wäre eine Abfindung (Kaufpreis) darüber hinaus nicht möglich. Indessen gibt es den Weg über die vereinfachte Kapitalherabsetzung nach § 237 III‑V AktG. Danach werden die Aktien zu Lasten der „anderen Gewinnrücklage” (§ 237 III Nr. 2 AktG, § 266 III A III Nr. 4 HGB) eingezogen. Da die Finanzkennzahlen der Bertelsmann AG für 2005 „Rücklagen der Aktionäre” in Höhe von 7.328 Mio € aufweisen, dürfte dies der Gang der Dinge sein.
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