Seit der Ergänzung der Nr. 5.4.1. des Deutschen Corporate Governance Kodex um einen Absatz zu „Aus- und Fortbildungsmaßnahmen” für die Mitglieder des Aufsichtsrats werden entsprechende Studienprogramme angeboten (etwa hier und da) oder sind –wie man hört – in Vorbereitung. Da ist es nützlich, den „Praxisleitfaden” zur Kenntnis zu nehmen, den die Rechtsanwälte Gehling, Dr. Nolden und Dr. von den Steinen (Broich Bezzenberger) dazu verfasst haben. Die Autoren merken ungeachtet grundsätzlicher Zustimmung kritisch an (Rn. 5):
- Die Fachkunde und Kompetenz wird nach der Vorstellung des Aktiengesetzes in erster Linie durch die Zusammensetzung des Aufsichtsrats gewährleistet. Das konstruktive Zusammenwirken der Aufsichtsratsmitglieder, die Kombination der im Aufsichtsrat vertretenen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie die sorgfältige Auswahl von Aufsichtsratskandidaten sind nach dem Leitbild des Aktienrechts wichtiger als Aus- und Fortbildungsmaßnahmen. Wirksame Beratung und Überwachung des Vorstands setzt zudem Kenntnisse und Erfahrungen voraus, die sich einer Zertifizierung, einem „Rätediplom” oder einer „Ausbildungs-Scorecard” entziehen.
- Die neuen Kodexregeln werden voraussichtlich wie ein Treibsatz auf die Diskussion zu den Aus- und Fortbildungserfordernissen wirken. Das birgt die Gefahr, dass die Praxis mit überzogenen Anforderungen konfrontiert wird. Gerade in kleineren börsennotierten Aktiengesellschaften kann das die Attraktivität eines Aufsichtsmandats verringern. …
- … Mit den neuen Kodexregelungen entsteht die Gefahr, dass an die Stelle von Fachkunde und Erfahrung – überspitzt formuliert – die Zahl der Aus- und Fortbildungsmaßnahmen tritt, an denen die Aufsichtsratsmitglieder teilgenommen haben. … Die eigentlich wichtigen Fähigkeiten und Erfahrungen von Aufsichtsräten sind aber einer Rechenschaft und Auskunft gegenüber der Hauptversammlung gar nicht zugänglich.
Und schließlich: „Die Rechtswissenschaft kann gegenwärtig keinen abgeschlossenen Katalog mit Themen benennen, die zu den rechtlichen Grundkenntnissen eines Aufsichtsratsmitglieds gehören.” (Rn. 41).
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