In einem Gespräch mit der FAZ (J.Jahn, 22.9.2010, S. 25) sagt der (bis zum 30.9.2010 amtierende) Vorsitzende Richter am BGH Wulf Goette: „Der Zustand im Beschlussmängelrecht ist bedrückend widersprüchlich. Hier besteht … dringender Reformbedarf”. Was damit gemeint ist, konnte in dem Interview nicht weiter festgestellt werden. Es ist wohl dieser Befund, den Martin Peltzer (NZG 2010, 976) in der Besprechung der Senatsentscheidung v. 21.6.2010 (mangelhafter Aufsichtsratsbericht als Anfechtungsgrund) angemerkt hat: „Einerseits bekommt ein Kleinaktionär Recht, dessen Gesellschaft ein paar formale Fehler gemacht hat und andererseits werden beim aktienrechtlichen bzw. umwandlungsrechtlichen Freigabeverfahren die legitimen Interessen von Minderheiten mit der Dampfwalze beiseite gerollt. Man lese nur die Entscheidungen bestimmter Oberlandesgerichte oder was in den Erläuterungsbüchern zu § 16 UmwG steht. Dort ist das Motto „Wo gehobelt wird, fallen Späne”. Gewiss, der räuberischen Kleinaktionäre hat man sich insoweit entledigt, aber hat man nicht den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben?”
Habersack und Stilz formulieren in der ZGR 2010, S. 710 ff: „Freigabeentscheidungen führen … nicht nur zur eigentlichen Freigabe der Registereintragung, sondern vor allem auch zur endgültigen Irreversibilität der Eintragung, zur Festlegung der Bestandskraft inter omnes und zur Durchführbarkeit des Beschlusses. Dieser … Ansatz erweist sich … als inkonsistent. (…) In konzeptioneller und rechtssystematischer Hinsicht jedenfalls erweist sich der kontinuierliche Ausbau des Freigabeverfahrens als verfehlt; daran könnte auch seine „Umkehrung” hin zu einer Registersperre auf Antrag des Aktionärs nichts ändern. (…) Bereits der Gesetzgeber des Jahres 1884 war sich freilich des Umstands bewusst, dass „das Recht eines Jeden zur Anfechtung (…) ein zweischneidiges Mittel (ist), welches Chikanen und Erpressungen Thür und Thor öffnet”. Und doch führt an der Kontrolle des Hauptversammlungsgeschehens durch den Aktionär und das von ihm angerufene Gericht allenfalls ein staatliches Aktienamt vorbei – ein Weg, den zu gehen dem Gesetzgeber nicht ernsthaft vorgeschlagen werden kann. … Von Nöten ist indes ein in sich stimmiges und konsistentes Recht der Beschlussmängel, das die „Polizeifunktion” der Beschlussmängelklage nicht in Frage stellt, sie aber auch nicht „verabsolutiert”. … Nicht zuletzt im Lichte des ARUG und der unter seiner Geltung gesammelten Erfahrungen ist vielmehr am Vorschlag des Arbeitskreises Beschlussmängelrecht festzuhalten.”
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