Das Frosta-Urteil des BGH hat die über ein Jahrzehnt geltende Macroton-Doktrin aufgehoben, wonach ein reguläres Delisting Angelegenheit der Hauptversammlung ist und ein Spruchverfahren mit Abfindungsanspruch auslöst. In einem neuen Arbeitspapier des Düsseldorfer Instituts für Unternehmensrecht mit dem Titel „Going Dark Under German Law – Towards an Efficient Regime for Regular Delisting” untersucht Dirk Zetzsche die Rechtsprechung zum Delisting u.a. aus rechtsökonomischer und rechtsvergleichender Perspektive. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, der Frosta-Entscheidung sei zuzustimmen, soweit ein Abfindungsangebot unabhängig von der Betrachtung des Einzelfalls für entbehrlich gehalten wird. Die Frosta-Entscheidung sei jedoch abzulehnen, soweit sie eine Mitwirkung der Aktionäre am Rückzug von der Börse generell für entbehrlich erklärt. Für (ggf. faktisch) beherrschte Gesellschaften plädiert der Autor für eine …
WeiterlesenKategorie: Aktiengesellschaft
Internetnutzung für Stimmrechtsvollmacht in Gefahr?
Die Vorbereitungen auf die Hauptversammlungssaison 2014 sind im Gange. Dabei wird man sich auch Gedanken machen, wie eine möglichst hohe Beteiligung der Aktionäre herzustellen ist. Eine große Rolle spielt dabei die Stimmrechtsvertretung, die nach dem Corporate Governance Kodex (Nr. 2.3.2.) zu „erleichtern” ist. Eine gern genutzte Möglichkeit besteht darin, den Aktionären die Vollmachterteilung durch Einbuchen auf der Internetseite der Gesellschaft anzubieten. Die Vollmacht bedarf der Textform (§ 134 Abs. 3 AktG). Droht eine böse Überraschung, wenn ab dem 13. Juni 2014 die Textform anders definiert wird?
§ 126b S.1 n.F. BGB wird für die Textform verlangen, dass eine lesbare Erklärung „auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben” wird. Beim …
WeiterlesenEndlich klargestellt: keine Beschallung des HV-Foyers (ergänzt)
Der BGH hat eine Wucherung einer sich selbst anfeuernden HV-Praxis gekappt: „Eine Übertragung der Hauptversammlung in Vor- oder Nebenräume wie den Catering-Bereich, Raucherecken o.ä. wird aktienrechtlich nicht verlangt.” Die Anfechtungsklage war u.a. darauf gestützt, das Teilnahmerecht sei wegen einer zu leisen Tonübertragung der HV-Verhandlungen in die Nebenräume beeinträchtigt gewesen (Deutsche Bank AG 2011). Das weist der BGH in einem Nichtannahmebeschluss v. 8.10.2013 (II ZR 329/12) zurück: „Insbesondere besteht kein Zulassungsgrund zur behaupteten unzureichenden Beschallung des Catering-Bereichs der Hauptversammlung. Wird die Hauptversammlung in andere Räume als den eigentlichen Versammlungsraum nicht übertragen, wird das Teilnahmerecht des anwesenden Aktionärs selbst dann nicht beeinträchtigt, wenn die Übertragung in einen so genannten …
WeiterlesenRhön ist nicht Nokia …
Der Fall Rhön-Klinikum AG erregt Aufmerksamkeit wegen des öffentlichen Streits der Großaktionäre. Er hat das Zeug, in drei Bereichen das Aktienrecht fortzuentwickeln. Da ist erstens die Frage, ob die Veräußerung der Anteile an Klinikgesellschaften, die einen großen Teil der Unternehmensaktivitäten ausmachen, der Hauptversammlung vorzulegen ist. Anderswo stimmen die Aktionäre bei der Veräußerung wertvoller Unternehmensteile mit: „Aktionäre segnen Verkauf der Handysparte ab” (Handelsblatt v. 19.11.2013 über Nokia, Finnland). Hierzulande hat der BGH (Beschl. 20. 11. 2006 — II ZR 226/05) im Jahr 2006 knapp befunden, die Beteiligungsveräußerung einer AG bedürfe auch dann keiner Hauptversammlungszustimmung nach „Holzmüller”-Grundsätzen, wenn quantitative Schwellenwerte der „Gelatine”-Entscheidungen (mindestens 75% …
Weiterlesen„Der Mythos der segensreichen Frauenquote“ (FAZ)
Ein sehr lesenswerter Artikel von Prof. Dr. Lüder Gerken in der FAZ v. 18.11.2013, dem ich in allem zustimme:
Theorie: „Unternehmen stehen auch auf der Inputfaktorseite im Wettbewerb: Sie konkurrieren um Arbeitskräfte und Kapital. Gerade börsennotierte Kapitalgesellschaften … müssen ihre Leistungsfähigkeit kontinuierlich unter Beweis stellen, um nicht von den Kapitalanlegern abgestraft zu werden. Dies verlangt von ihnen, die besten Führungskräfte einzustellen — unabhängig vom Geschlecht.”
Praxis: „Die erwähnten und weitere Studien zeigen nur eines: Empirisch lässt sich nicht belegen, dass Unternehmen mit einem hohen Frauenanteil in den Führungsetagen erfolgreicher seien.”
Politik: „Warum maßt sich die Politik an, die Aufsichtsräte umzumodeln? Das finanzielle Desaster der staatlichen Landesbanken war möglich, weil in deren Aufsichtsräten …
WeiterlesenBGH: Kein Barabfindungsangebot beim Rückzug von der Börse
„Bei einem Widerruf der Zulassung der Aktie zum Handel im regulierten Markt auf Veranlassung der Gesellschaft haben die Aktionäre keinen Anspruch auf eine Barabfindung. Es bedarf weder eines Beschlusses der Hauptversammlung noch eines Pflichtangebotes (Aufgabe von BGH, Urteil vom 25. November 2002 — II ZR 133/01, BGHZ 153, 47, 53 ff.)” – Leitsatz des heute veröffentlichten Beschlusses.
Es ist sehr selten, dass nach ca. 10 Jahren eine Rechtsprechung, die sogar in die amtliche Sammlung einging, aufgegeben wird. Für einen knappen Überblick s. die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 185/2013 v. 12.11.2013:
Der für Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass den Aktionären …
WeiterlesenFehlerhafte AR-Wahl: ein Gesetzesvorschlag
Das Urteil des BGH v. 19.2.2013, II ZR 56/12 (IKB), wonach bei erfolgreicher Anfechtung der Wahl eines Aufsichtsrats die Bestellung grundsätzlich rückwirkend entfällt, führt zu anhaltenden Diskussionen. Für Haftung, Pflichten und Vergütung soll die Rückwirkung nicht gelten, aber und vor allem für die Stimmabgabe im AR. Die h.M. in der Literatur favorisiert dagegen eine Lösung über die Lehre vom fehlerhaften Organ. Eingehend dazu jetzt Kiefner im Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2013, § 252 Rn. 11 ff. Aus der verfahrenen Lage wird man ohne den Gesetzgeber nicht mehr herauskommen. Wie verschiedentlich zu hören ist, gibt es wohl eine Bereitschaft zu solchen „Randkorrekturen”.
Daher sei nachfolgend …
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