Endlich klargestellt: keine Beschallung des HV-Foyers (ergänzt)

Der BGH hat eine Wuche­rung einer sich selbst anfeu­ern­den HV-Pra­xis gekappt: Eine Über­tra­gung der Haupt­ver­samm­lung in Vor- oder Neben­räume wie den Cate­ring-Bereich, Rau­cher­ecken o.ä. wird akti­en­recht­lich nicht ver­langt.” Die Anfech­tungs­klage war u.a. dar­auf gestützt, das Teil­nah­me­recht sei wegen einer zu lei­sen Ton­über­tra­gung der HV-Ver­hand­lun­gen in die Neben­räume beein­träch­tigt gewe­sen (Deut­sche Bank AG 2011). Das weist der BGH in einem Nicht­an­nah­me­be­schluss v. 8.10.2013 (II ZR 329/12) zurück: Ins­be­son­dere besteht kein Zulas­sungs­grund zur behaup­te­ten unzu­rei­chen­den Beschal­lung des Cate­ring-Bereichs der Haupt­ver­samm­lung. Wird die Haupt­ver­samm­lung in andere Räume als den eigent­li­chen Ver­samm­lungs­raum nicht über­tra­gen, wird das Teil­nah­me­recht des anwe­sen­den Aktio­närs selbst dann nicht beein­träch­tigt, wenn die Über­tra­gung in einen so genann­ten Prä­senz­be­reich ange­kün­digt wor­den ist. Eine Über­tra­gung der Haupt­ver­samm­lung in Vor- oder Neben­räume wie den Cate­ring-Bereich, Rau­cher­ecken o.ä. wird akti­en­recht­lich nicht ver­langt. Wenn eine zuge­sagte Über­tra­gung in sol­che Räume nicht statt­fin­det, kann der Aktio­när dies beim Ver­las­sen des Ver­samm­lungs­raums unschwer erken­nen. Er kann sich dann selbst ent­schei­den, ob er in den Ver­samm­lungs­raum zurück­keh­ren will.”

Der ver­stän­dige Aktio­när ist also das Leit­bild (dazu auch Noack/​Zetzsche, Köl­ner Komm AktG, 3. Aufl. 2011, vor §§ 121 Rn. 24 ff). Er kann schließ­lich erken­nen, wo die Musik spielt”. Gewiss ist eine mehr­stün­dige Teil­nahme an einer Haupt­ver­samm­lung nicht ohne Unter­bre­chung durch nahe­lie­gende Bedürf­nisse mög­lich. Doch das AktG ver­langt nicht, dass diese per­sön­li­che Kon­sti­tu­tion durch Beschal­lung in allen Räu­men des sog. Prä­senz­be­reichs zu berück­sich­ti­gen ist.

Dar­auf, ob das Sub­trak­ti­ons­ver­fah­ren oder das Addi­ti­ons­ver­fah­ren bei der Beschluss­fas­sung prak­ti­ziert wird, kommt es nicht an. Ins­be­son­dere bei dem Sub­trak­ti­ons­ver­fah­ren wurde ein hoher Auf­wand getrie­ben, um den Prä­senz­be­reich (Foyer, Gar­de­robe, Wasch­räume, Cate­ring­be­reich) zu beschal­len und z.T. auch mit Video­bil­dern zu ver­sor­gen. Das war schon bis­her über­trie­ben und ist nach dem BGH-Dik­tum künf­tig nicht mehr nötig. Dem ver­stän­di­gen Aktio­när ist klar, dass er nur im eigent­li­chen Ver­samm­lungs­raum den Ver­hand­lun­gen fol­gen und abstim­men kann. Dar­auf mag der Ver­samm­lungs­lei­ter zu Beginn der HV eigens hin­wei­sen, aber auch diese Beleh­rung ist (in den Wor­ten des BGH) akti­en­recht­lich nicht ver­langt”. Auch der Beginn der Abstim­mung muss nicht zwin­gend den außer­halb des Ver­samm­lungs­raums sich auf­hal­ten­den Aktio­nä­ren kom­mu­ni­ziert wer­den. Eine Zugangs- und Abgangs­kon­trolle wird man wei­ter­hin an den Zugangs­räu­men zum eigent­li­chen Ver­samm­lungs­saal vor­neh­men, wofür hand­feste prak­ti­sche Gründe spre­chen. Diese Kon­trolle dient der Erstel­lung des Teil­neh­mer­ver­zeich­nis­ses, das die Grund­lage der Stim­men­be­rech­nung nament­lich beim Sub­trak­ti­ons­ver­fah­ren bil­det. Die Aktien der Aktio­näre inner­halb des Prä­senz­be­reichs wer­den als Ja”-Stimmen gewer­tet. Zu die­sen Kon­trol­len hat sich der BGH-Beschluss nicht geäußert.

Selbst­ver­ständ­lich kann die Gesell­schaft wei­ter die Neben-und Wasch­räume beschal­len las­sen. Obwohl: Bald mel­det sich einer, der sich wegen der unnö­ti­gen Ton­ku­lisse beim Essen oder ande­ren Ver­rich­tun­gen gestört fühlt … .

Zur sog. Beschal­lungs­rüge, die jetzt end­gül­tig erle­digt ist, s. auch hier und dort. Bespre­chung des BGH-Beschlus­ses durch v. Fal­ken­hau­sen, ZIP 20132257.

Und eine wich­tige Ergän­zung zum Schluss: Die Haupt­ver­samm­lung kann auch in meh­re­ren Räu­men statt­fin­den. In Deutsch­land gab es die­sen Fall bei der Haupt­ver­samm­lung der dama­li­gen Daim­ler Benz AG im Jahr 1998, als es um die Fusion mit Chrys­ler ging. Da die Ver­samm­lungs­halle nicht aus­reichte, wur­den dane­ben große Zelte auf­ge­stellt, die Bestand­teil der HV waren. Die Ver­hand­lun­gen aus der Halle wur­den per Laut­spre­cher in die Zelte über­tra­gen. Die Zelte waren ebenso Haupt­räume” wie die Halle, in der sich Vor­stand und Auf­sichts­rat und ein Teil der Aktio­näre auf­hiel­ten. Würde die Idee einer HV an meh­re­ren Orten, die simul­tan durch Audio­vi­deo-Über­tra­gung ver­bun­den sind, wie­der auf­ge­grif­fen, so wäre der BGH-Beschluss hier nicht einschlägig.

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