Wer sich an einer Gesellschaft beteiligt, sollte über deren Struktur einigermaßen im Bilde sein. Je höher das Investment, desto besser muss die Information sein. Sind freilich die Zahlen zu groß (und geht es auch nicht ums eigene Geld) schwindet offenbar das Interesse an solcher Erleuchtung wieder. Zu Pfingsten trat das „Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus” in Kraft (BGBl. v. 22.5.2010, S. 627). Danach werden „Gewährleistungen” für Kredite ausgesprochen, die „eine von den Mitgliedsstaaten des Euro-Währungsgebiets gegründete oder beauftragte Zweckgesellschaft … bis zur Höhe von insgesamt 123 Milliarden Euro” (§ 1 Abs. 1 S. 1) aufnimmt. Dieser Betrag kann um bis zu 20 Prozent überschritten werden (§ 1 Abs. 6). Ein (Garantie-)Engagement in Höhe von 147 600 000 000 € in eine „Zweckgesellschaft”, von der weder Rechtsform, Struktur, Sitz, Verwaltung etc. auch nur in Umrissen bekannt sind.
Haben die Parlamentarier hier „auf der Grundlage angemessener Information” entschieden, wie es § 93 Abs. 1 S. 2 AktG vom Vorstand einer AG zur Haftungsfreizeichnung erwartet? Es wird nachgeliefert: „Das Bundesfinanzministerium lässt eine Anwaltskanzlei eine Struktur der transnationalen Zweckgesellschaft entwerfen, die die Milliarden-Hilfen zur Euro-Stabilisierung verteilen soll. Die Kanzlei Hengeler Mueller solle ein Konzept für die Organisation und die Befugnisse der Gesellschaft sowie die Kontrolle über sie liefern, berichtet die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung». Ein Ministeriumssprecher begründete das der Zeitung damit, dass das Ressort von Minister Wolfgang Schäuble (CDU) für derlei hochkomplexe Fachfragen nicht das nötige Know-how besitze.” (dpa).
Erstaunlich wie kurz Gesetze sein können.