Am Wochenanfang haben sich der (federführende) Rechtsausschuss und der (mitberatende) Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments mit dem Komissionsvorschlag einer Aktionärsrechte-Richtlinie befasst. Den Beratungen zugrunde lagen Berichte der Abgeordneten Lehne (hier) und Klinz (hier). Beide Berichterstatter begrüßen das Vorhaben grundsätzlich.
Zum besonders umstrittenen Fragerecht erläutert der Berichterstatter für den Rechtsausschuss: „Hinsichtlich des von der Kommission angeregten Fragerechts (Artikel 9) wird vorgeschlagen, dass Unternehmen die Fragen, die vor der Hauptversammlung gestellt werden, spätestens auf der Hauptversammlung beantworten müssen. Fragen, die von Inhabern bzw. vom Inhaber von einem Prozent des Aktienkapitals gestellt werden, müssen unabhängig von der Hauptversammlung in einer angemessenen Frist beantwortet werden (qualifiziertes Fragerecht); die Unternehmen tragen die Verantwortung für die Beantwortung dieser „qualifizierten” Fragen. Darüber hinaus brauchen etwaige Anfechtungsrechte von Aktionären, nicht auf Fragen vor der Hauptversammlung ausgedehnt zu werden.”
Beide Berichte sehen vor, dass zwischen Inhaber- und Namensaktien mit Blick auf die Stichtage differenziert wird. Beide Berichte halten daran fest, dass die Vertretung des Aktionärs auf der Hauptversammlung unbeschränkt sein soll; nur Interessenkonflikte müssten reguliert werden.
Was fehlt? In beiden Berichten wird nicht auf das Dreieck „Aktionär-Intermediär-Gesellschaft” eingegangen, obwohl das System der Aktienkonten auf dieser Beziehung beruht. S. auch den Vorschlag des European Corporate Governance Forums.
Und es mangelt (wie auch dem Richtlinienvorschlag) an einer Perspektive über die herkömmliche Präsenz-Versammlung hinaus. Es ist zwar einerseits verständlich, dass die Rechtspolitik an der vorgefundenen, aus vergangenen Jahrhunderten stammenden Form der Anlegermitwirkung festhält. Aber für eine Regelung, die in die Zukunft weisen soll, ist die Festschreibung einer Versammlung als Mittel der Information und Beschlussfassung wenig sinnvoll. Was ist das für ein „Diskussionsforum” (Berichterstatter Klinz über die Hauptversammlung), zu dem nur wenige Aktionäre tatsächlich Zugang haben — weil die Entfernungen schon im nationalen Rahmen, erst Recht im europäischen Binnenmarkt für einen Besuch zu groß sind. Das Internet als Kommunikationsmedium für Aktionäre wird kaum erkannt, vielmehr sprachlich als elektronisches „Hilfsmittel” abgetan.
Schreiben Sie einen Kommentar