Geldwäsche und Gesellschaftsrecht: immer wieder ein Thema. Internationale Bestrebungen zielen auf die völlige Offenlegung der Anteilseigner von Kapitalgesellschaften. Die G8-Staaten haben 2013 beschlossen, „eine bessere Transparenz über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen zu erzielen. Unternehmen müssen Informationen darüber haben und zeitnah zur Verfügung stellen können, wem sie tatsächlich gehören und wer sie tatsächlich kontrolliert. Diese Informationen müssen zum Zwecke der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden.” Die Medien berichten von einem Brief, den der Finanzminister jüngst an den Justizminister gesandt hat, um „Sofortmaßnahmen” anzumahnen. Hintergrund ist die Drohung einer Unterorganisation der OECD, Deutschland als Hochrisikoland betr. Geldwäsche einzustufen. In erster Linie geht es um Strafrecht, aber auch gesellschaftsrechtliche Sachverhalte sind betroffen. Besonders kritisch wird die „anonyme Inhaberaktie” beäugt. Daher war in der Aktienrechtsnovelle der vergangenen Wahlperiode vorgesehen, dass nichtbörsennotierte Gesellschaften nur dann mit Inhaberaktien gegründet werden können, wenn der Anspruch auf Einzelverbriefung ausgeschlossen und die Sammelurkunde bei einer Wertpapierbank hinterlegt ist. Die Aktienrechtsnovelle ist aber im September 2013 gescheitert, weshalb in dieser Wahlperiode ein neuer Anlauf unternommen wird. Soeben ist ein Referentenentwurf einer Aktienrechtsnovelle 2014 vorgelegt worden, der die besagten Einschränkungen für Inhaberaktien enthält. Die Frage ist, ob der Regelungsvorschlag angesichts einer bislang kaum beachteten europäischen Normsetzung ausreicht.
Das Europäische Parlament hat den Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche mit wesentlichen Erweiterungen versehen. Die Legislative Entschließung vom 11. März schlägt als Abänderung Nr. 93 vor, dass die Unternehmen mit Rechtspersönlichkeit präzise und aktuelle Angaben zu den wirtschaftlich an ihnen Berechtigten einholen, aufbewahren und an ein öffentliches Zentral‑, Handels- oder Gesellschaftsregister weiterleiten. Diese Informationen sollen im Internet allen Personen offenstehen, die sich über eine Onlineregistrierung ausgewiesen haben.
Dieses Anliegen ist im deutschen GmbH-Recht mit der im Handelsregister für jedermann einsehbaren Gesellschafterliste bereits verwirklicht (es sei denn, man hat noch weiteren Aufklärungsbedarf wegen der „wirtschaftlichen Berechtigung”). Ganz anders die Rechtslage im Aktienrecht. Nur Beteiligungen über 3% an börsennotierten Gesellschaften sind meldepflichtig und publik. Über die Inhaberaktionäre gibt es kein Register der Gesellschaft, sondern deren Anteile sind in Bankdepots gebucht und/oder als Inhaberpapier verbrieft. Für Namensaktionäre ist ein Aktienregister vorgeschrieben – aber eine Einsichtnahme durch Mitaktionäre oder gar durch beliebige Dritte gibt es nicht (§ 67 Abs. 6 AktG).
Würde die Richtlinie mit den Änderungen durch das Europäische Parlament kommen, so wäre damit ein starker Eingriff in das deutsche Aktienrecht verbunden, der weit über das hinausgeht, was die Aktienrechtsnovelle vorsieht. Insbesondere müsste das 2001 abgeschaffte umfassende Einsichtsrecht in das Aktienregister, das nicht auf eigene Positionen beschränkt ist, wieder eingeführt werden.
Scheinbar widersprüchlich dazu ist der EU-Richtlinienvorschlag zur Singulus Unius Personae (SUP), der Einpersonen-GmbH europäischen Zuschnitts. Dort soll eine Online-Gründung ohne persönlichen Ausweis vor einem Notar oder einer Behörde möglich sein. Allerdings können die Mitgliedstaaten elektronisch ausgestellte Ausweise verlangen (Art. 14 Abs. 5). Dies könnte in Deutschland neben dem elektronischen Personalausweis (den es nur für deutsche Staatsangehörige gibt) das DE-Mail-Verfahren sein, das allen Unionsbürgern offensteht. Zum Ganzen s. Beurskens, GmbHR 2014 (demnächst).
Der Beitrag ist auch erschienen im Rechtsboard v. 5.5.2014.
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