Der Mauracher Entwurf eines MoPEG sieht vor (§ 714a I, II 1 BGB‑E): „Ein Beschluss der Gesellschafter kann wegen Verletzung des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrags durch Klage angefochten werden (Anfechtungsklage). Ein Gesellschafterbeschluss ist von Anfang an nichtig, wenn er durch seinen Inhalt Rechtsvorschriften verletzt, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann“. Diese Bestimmung soll für die BGB-Gesellschaft sowie für die Personenhandelsgesellschaften gelten. Die Begründung führt dazu aus: “Als Regelungsvorbild gilt insoweit die Unterscheidung in den §§ 241 bis 249 AktG zwischen Mängeln, die bereits aus sich heraus zur Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses führen, und mangelbehafteten Beschlüssen, die erst durch eine befristete Anfechtungsklage gegen die Aktiengesellschaft vernichtet werden können.“
Diesem Regelungsvorschlag ist zu widersprechen, aus mehreren Gründen:
Regelung eines Klagezwangs ist unverhältnismäßig. Der Wortlaut der Regelung verbirgt, was eigentlich Sache ist: Der Beschluss kann nicht, er muss durch Klage angefochten werden. Denn ohne erfolgreiche Klage wird der Beschluss nach drei Monaten (§ 714c I 1 BGB‑E) bestandskräftig. Es wird also nicht (nur) eine Klagemöglichkeit geschaffen (die gibt es bereits), sondern ein Klageerfordernis eingeführt. So müsste künftig grundsätzlich jeder Beschlussstreit in einer BGB-Gesellschaft vor Gericht ausgetragen werden. Zwar mildert der Entwurf den Zwang zur Klage durch eine Fristverlängerung bei Vergleichsverhandlungen, doch ändert dies nichts an der schließlichen Notwendigkeit einer Anfechtungsklage. Dieser Zwang zur Gestaltungsklage geht zu weit. Er überfordert die knappe Ressource Justiz ebenso wie die Gesellschafter der typischerweise kleinen, aus wenigen Personen bestehenden BGB-Gesellschaft. Das Klageerfordernis im Aktienrecht rechtfertigt man mit der Größe des Aktionariats, der Breitenwirkung der HV-Beschlüsse und der Komplexität aktienrechtlicher Vorgänge. Das Überstülpen des aktienrechtlichen Klageregimes auf die Personengesellschaften geht an der Realität der dortigen Strukturen vorbei. Ein schematisch anmutender Dogmatismus führte zu diesem Vorschlag. Die Begründung des Entwurfs bemüht „institutionelle Voraussetzungen“ wie die rechtliche Verselbständigung des Verbandes gegenüber seinen Mitgliedern, das Unterworfensein der Mitglieder unter eine Mehrheitsentscheidung und das Vorhandensein eines geeigneten Beklagten. Doch es wird nicht erklärt, wieso aus diesen Voraussetzungen ein Klageerfordernis resultiert. Die mildere Alternative einer Anfechtungserklärung wurde nicht erwogen, sondern sogleich auf die Anfechtungsklage gesetzt.
Regelungsort passt nicht. „Der Normenkomplex der §§ 714a, 714b, 714c, 714d und 714e BGB‑E trägt damit zu einer allgemeinen Institutionenbildung bei“, sagt die Begründung des Mauracher Entwurfs. Diesen Beitrag würde man dort vermuten, wo das BGB das Allgemeine regelt, also im 1. Buch. Es geht schließlich um alle Rechtsträger und ihre Beschlüsse, so auch um den Verein. So wie es vorgeschlagen ist, käme es zu einer weitere Fragmentierung des Beschlussmängelrechts. Es gäbe gesetzliche Regelungen für Personengesellschaft und Aktiengesellschaft, nicht (oder nur rudimentär) für Verein, GmbH und Genossenschaft.
Regelung geht (weithin) ins Leere. Für die Anfechtungsklage braucht es einen Anfechtungsgegenstand. Dieser liegt vor, wenn der Beschluss von einem dafür kompetenten Abstimmungsleiter festgestellt wurde bzw. sich die Gesellschafter über den gefassten Beschluss einig sind (und „nur“ über dessen inhaltliche Rechtmäßigkeit streiten). Schon bei der GmbH gibt es hier ein erhebliches Defizit. Bei der BGB-Gesellschaft und den meisten Personenhandelsgesellschaften dürfte eine förmliche Beschlussfeststellung noch viel weniger vorkommen. Dann gingen die schönen neuen Normen allesamt ins Leere, es verbliebe wie bisher bei der Klärung der Rechtslage durch eine Feststellungsklage. Um diesem Leerlauf zu entgehen, müsste also zusätzlich ein Beschlussverfahren vorgeschrieben werden. Schon der Gedanke an eine derartige Ausweitung der Regulierung zeigt, wie hypertroph das Ganze wird, ein deutliches Zeichen dafür, dass das Modell aus dem Aktienrecht nicht passt. Dass der Proband, also die Personengesellschaft, dafür passend gemacht wird, erinnert an das Prokrustesbett.
Regelung ist nur scheinbar dispositiv. Die Anfechtungsklage-Lösung kann (dies im Gegensatz zum Aktienrecht) abbedungen werden. Wer mag das bei den kleinen, nicht rechtsberatenen Personengesellschaften wohl tun? Wieso wird ein ungeeignetes Instrument gezeigt, vor dem man sich schaudernd flüchten kann?
Regelung enthält den falschen Beklagten. Im Grunde handelt es sich bei dem Beschlusskonflikt um einen Streit der Gesellschafter untereinander – den sie dann auch untereinander austragen sollen. Dass die Gesellschaft die beklagte Partei sein soll (so der Mauracher Entwurf in Anlehnung an das aktienrechtliche Vorbild) ist nicht ohne weiteres einsichtig.
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