Nach der (endgültigen Fassung der) Aktionärsrechterichtlinie soll die Einberufung der Hauptversammlung börsennotierter Gesellschaften auf zwei Arten vorgenommen werden: Zum einen muss die Gesellschaft dafür „auf Medien zurückgreifen, bei denen vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass sie die Informationen tatsächlich an die Öffentlichkeit in der gesamten Gemeinschaft weiterleiten.” Zum anderen muss die Information auf der Internetseite der Gesellschaft stehen. Letzteres ist für deutsche Aktiengesellschaften nichts Neues, denn der DCGK empfiehlt eine solche Präsentation auf der eigenen Internetseite.
Hingegen ist die erstgenannte Anforderung („auf Medien zurückgreifen”) hoch problematisch. Denn Einberufungsfehler führen zur Nichtigkeit (§ 241 Nr. 1 AktG) oder Anfechtbarkeit der Beschlüsse. Dieses Damoklesschwert ist inakzeptabel, zumal der Tatbestand des Rückgriffs auf Medien völlig konturenlos ist. Der Gesetzgeber sollte daher bei der Umsetzung der Richtlinie diesen Einberufungsakt von den erwähnten Fehlersanktionen trennen.
Die Nützlichkeit und Operabilität des (aus der Transparenzrichtlinie bekannten) Medienrückgriffs ist äußerst zweifelhaft. Es gibt so gut wie keine Tageszeitung, die gemeinschaftsweit verbreitet ist. Internetseiten sind zwar ubiquitär, aber davon gibt es viele, so dass deren Auswahl ganz beliebig wäre. Und welche dieser Medien konsumiert zufällig der Aktionär? Vor allem aber: Die Gesellschaft muss ja nicht inserieren oder einen fremden Internetauftritt kostenpflichtig buchen. Wenn das „Zurückgreifen auf Medien” ein den „Medien zuleiten” (§ 3a WpAIV) ist, besteht allein die Pflicht, „Medien” über das bevorstehende HV-Ereignis zu informieren. Was eine Zeitung oder ein Internetdienst aus dieser Information machen, liegt nicht mehr in der Verantwortung der Gesellschaft. Und es bedarf keiner Prophetie um zu sagen: die bloße Mitteilung, dass eine Gesellschaft demnächst ihre HV abzuhalten gedenkt, wird in den Redaktionen in aller Regel als überflüssige Belästigung angesehen und als Null-Nachricht entsorgt. Am Ende werden nur die Informationsdienstleister daran verdienen, die sich erbötig machen, diese Zuleitung an Medien auf Kosten der Gesellschaft zu besorgen.
Heute war in der FAZ zu lesen, „nach Berechnungen der EU-Kommission könnte durch eine Verminderung der Bürokratiekosten um 25 Prozent ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent des europäischen Bruttosozialprodukts erreicht werden”. Dann möge man ‑wie hier- Bürokratie erst gar nicht aufbauen.
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