Die Leica Camera AG hatte am 11.10.2007 zur HV geladen und dabei angegeben: „Der Bevollmächtigte hat seine Stimmberechtigung durch die Übergabe einer schriftlichen Vollmachtsurkunde, ausgestellt durch den vertretenen Aktionär, an die Gesellschaft zu deren Verbleib nachzuweisen.” Diese Anforderung war unzutreffend, da die Aushändigung der Vollmachturkunde zur Verwahrung durch die AG nicht gefordert werden kann; nach § 135 Abs. 2 AktG bedarf eine Vollmacht, die einem Kreditinstitut erteilt wird, nicht der Schriftform durch eine vom Vollmachtgeber zu unterzeichnende Urkunde, sondern diese ist von dem Bevollmächtigten nur in nachprüfbarer Form festzuhalten.
§ 121 Abs. 3 AktG verlangt, die Gesellschaft muss die „Bedingungen angeben, von denen die … Ausübung des Stimmrechts abhängt”. In der Einberufung ist eine unzutreffende Belehrung über Modalitäten der vertretungsweisen Stimmrechtsausübung erteilt worden. Das ist schlecht, aber was ist die Rechtsfolge? Nach Auffassung des OLG Frankfurt (im Freigabeverfahren) und gestern des LG Frankfurt (im Beschlussmängelprozess) ist die Nichtigkeit die Rechtsfolge dieser falschen Belehrung.
Die Nichtigkeit eines HV-Beschlusses ist die strengste Sanktion. Sie ist für Fehler vorgesehen, die formal oder inhaltlich so schwerwiegend sind, dass die Rechtsordnung den Beschluss gewiss nicht akzeptieren kann. Die Nichtigkeit kann – vorbehaltlich der Heilungsmöglichkeiten nach § 242 AktG – von jedermann und jederzeit geltend gemacht werden. Die Zuspitzung, dass auch falsche oder missverständliche Belehrungen einen Beschluss von vornherein inakzeptabel machen, ist eine arge Übertreibung. Die Nichtigkeit ist für derlei Beratungsfehler keine angemessene Sanktion. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Fehlinformationen nicht bewusst zum Zwecke der Verhinderung der Teilnahme von Aktionären gemacht wurden, sondern (wie offenbar hier) fahrlässig die jüngsten und durchaus subtilen Aktienrechtsänderungen zu Beginn des Jahrzehnts nicht korrekt adaptiert haben.
Die Nichtigkeitsgründe gehören (ebenso wie die Anfechtung) auf den Prüfstand, auch um der in der Instanzgerichtsbarkeit zu beobachtenden extensiven Auslegung einen Riegel vorzuschieben.
Der Arbeitskreis Beschlussmängelrecht (dazu bald mehr) schlägt vor, § 241 Nr. 1 AktG wie folgt zu fassen:
„Ein Beschluss der Hauptversammlung ist außer in den Fällen des [geltende Fassung] nur dann nichtig, wenn er in einer Hauptversammlung gefasst worden ist, deren Einberufung nach § 121 die Gesellschaft, die Zeit oder den Ort der Versammlung nicht hinreichend deutlich erkennen ließ.”
Danach wären Belehrungsfehler jedenfalls kein Nichtigkeitsgrund.
Frage bleibt, ob durch Satzung anders regelbar (so LG Krefeld).
Ansonsten bin ich der meinung des Autors, diese lästigen Formalien gehören abgeschafft.