Pflichtangebot von Porsche an VW-Aktionäre zu früh?

Kon­trolle ist das Hal­ten von min­des­tens 30 Pro­zent der Stimm­rechte an der Ziel­ge­sell­schaft (§ 29 II WpÜG). Wer die Kon­trolle erlangt , hat den Aktio­nä­ren der Ziel­ge­sell­schaft ein Kauf­an­ge­bot zu machen (§ 35 II WpÜG). 

Die Por­sche AG hält seit dem 28.3. ca. 31 % der Stamm­ak­tien der VW AG. Für die VW-Stamm­ak­tie sol­len 100,92 € und für die VW-Vor­zugs­ak­tie 65,45 € bezahlt wer­den (Ankün­di­gung der Ange­bots­un­ter­lage). Dies ist der gewich­tete durch­schnitt­li­che inlän­di­sche Bör­sen­kurs die­ser Aktien wäh­rend der letz­ten drei Monate vor der Ver­öf­fent­li­chung der Kon­troll­erlan­gung 5 I WpÜG-Ange­bots­ver­ord­nung). Aber wer will schon bei tages­ak­tu­el­len Bör­sen­kur­sen um 113 € (Stamm­ak­tie) und 77 € (Vor­zugs­ak­tie) zu die­sen Prei­sen ver­kau­fen? Das Pflicht­an­ge­bot dürfte also ins Leere gehen, was als gewollt dar­ge­stellt wird. Nach Ablauf der wahr­schein­lich vier­wö­chi­gen Annah­me­frist (§ 16 WpÜG) ist der Weg für belie­bige Zukäufe frei, denn ein Pflicht­an­ge­bot ist bei Auf­sto­ckun­gen nicht mehr vorzulegen. 

Aber ist das wirk­lich ein Pflicht­an­ge­bot nach § 35 WpÜG, das Por­sche hier unter­brei­ten wird? Noch ein­mal: Kon­trolle ist das Hal­ten von min­des­tens 30 Pro­zent der Stimm­rechte. Bei der VW AG ist aller­dings durch das VW-Gesetz ein Höchst­stimm­recht in Kraft: mehr als 20 Pro­zent Stimm­rechts­aus­übung geht nicht. Por­sche mag zwar knapp 31% der Stamm­ak­tien hal­ten, aber das Stimm­recht ist auf 20 % limitiert. 

Die Begrün­dung zu § 29 WpÜG (2001) sagt: Bei der Ermitt­lung der Gesamt­zahl der Stimm­rechte, anhand derer die Schwelle von 30 Pro­zent zu ermit­teln ist, sind auch Aktien zu berück­sich­ti­gen, bei denen Hin­der­nisse bei der Aus­übung der Stimm­rechte bestehen.” Die­ser Grund­satz für die Berech­nung der ins­ge­samt bestehen­den Stimm­rechte ist auch bei der Zahl der jeweils gehal­te­nen Stimm­rechte anzu­wen­den (v. Bülow in KK-WpÜG, 2003, § 29 Rn. 119). Doch der aus­ge­spro­chene Son­der­fall eines gesetz­li­chen Höchst­stimm­rechts (sta­tu­ta­ri­sche sind seit 2000 besei­tigt) ist kaum als blo­ßes Hin­der­nis” anzu­se­hen, son­dern als dau­er­haf­ter Aus­schluss, solange das Gesetz besteht. In der Kom­men­tar­li­te­ra­tur wer­den auch nur vor­über­ge­hende Hin­der­nisse bei der Stimm­rechts­aus­übung genannt, wie z.B. die Nicht­ein­tra­gung des Aktio­närs in das Akti­en­re­gis­ter. Ein gesetz­li­ches Limit gehört nicht dazu. 

Sieht man die Dinge so, dann ist erst nach der Auf­he­bung des VW-Geset­zes eine Kon­troll­erlan­gung der Por­sche AG bei der VW AG zu kon­sta­tie­ren. Die Refe­renz­pe­ri­ode für ein dann vor­zu­le­gen­des Pflicht­an­ge­bot wäre der 3‑Mo­nats-Zeit­raum vor der Auf­he­bung des VW-Geset­zes – wer weiß, wel­che Preise dann zu bezah­len sind? 

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