Siemens: 58%-Mehrheit für Fragerecht i n der virtuellen HV

Eine Notiz wert, was am 3. Februar auf der vir­tu­el­len HV (vHV) der Sie­mens AG mit ein­fa­cher Mehr­heit votiert, aber wegen des Nicht­er­rei­chens der qua­li­fi­zier­ten Mehr­heit letzt­lich abge­lehnt wurde. Der Ver­ein der Beleg­schafts­ak­tio­näre hat eine Sat­zungs­än­de­rung bean­tragt, dass Aktio­näre wäh­rend der vHV Fra­gen stel­len kön­nen. Nach der COVI­D19-Geset­zes­lage kann der Vor­stand das Fra­ge­recht auf einen Tag vor der vHV beschränken. 

Der Antrag fand eine Zustim­mung von 57,83 %. Und das waren natür­lich nicht nur die Stim­men des Aktio­närs­ver­eins, son­dern es haben auch viele andere Aktio­näre dafür gestimmt. Wie man hört, etli­che insti­tu­tio­nelle Anle­ger auf Anra­ten der pro­fes­sio­nel­len Stimm­rechts­be­ra­ter. Die Sat­zungs­än­de­rung kam zwar nicht zustande, aber das Signal ist deut­lich, das die­ser Vor­gang sendet.

4 Kommentare

  1. Wenn Sie die AG nicht lei­ten, bitte Ruhig sein! Sie kön­nen Aktien besit­zen aber Sie besit­zen das Unter­neh­men nicht. Ich denke die­ses ist eine klas­si­sche Fall der Prinzipal-Agent-Theorie.
    Mit freund­li­chen Grüßen…

  2. TOP 10 der dies­jäh­ri­gen Haupt­ver­samm­lung der Sie­mens AG und das zugrunde lie­gende Ver­lan­gen der Beleg­schafts­ak­tio­näre der Gesell­schaft auf Ergän­zung der Tages­ord­nung dürfte rein recht­lich bese­hen sogar mehr als nur eine Notiz wert sein — es sollte andere Akti­en­ge­sell­schaf­ten mit Blick auf ihre dies­jäh­ri­gen Haupt­ver­samm­lun­gen hell­hö­rig wer­den lassen.

    Zwar schei­terte der Vor­schlag bei der Sie­mens AG — wie erwähnt — auf­grund des nicht erreich­ten qua­li­fi­zier­ten Mehr­heits­er­for­der­nis­ses. In Akti­en­ge­sell­schaf­ten – und dies dürfte die ganz über­wie­gende Anzahl sein –, deren Sat­zung eine Absen­kung des in § 179 Abs. 2 Satz 1 AktG ange­ord­ne­ten, aber nach § 179 Abs. 2 Satz 2 AktG dis­po­si­ti­ven, qua­li­fi­zier­ten Kapi­tal­mehr­heits­er­for­der­nis­ses vor­se­hen, hätte die vor­ge­schla­gene Sat­zungs­än­de­rung indes die not­wen­dige Beschluss­mehr­heit gefun­den – die vor­ge­schla­gene Sat­zungs­än­de­rung wäre damit also – anders als bei der Sie­mens AG, deren Sat­zung eine sol­che Absen­kung nicht vor­sieht, – beschlos­sen worden.

    Grund genug, um doch ein­mal einen prü­fen­den Blick auf den Inhalt des betref­fen­den Beschluss­vor­schlags zu wer­fen, zumal auf­grund des genann­ten Abstim­mungs­er­geb­nis­ses damit zu rech­nen sein dürfte, dass ent­spre­chende Ergän­zungs­ver­lan­gen in die­sem Jahr auch ande­ren Gesell­schaf­ten begeg­nen wer­den. Wie bereits erwähnt, sollte der Vor­stand durch eine ent­spre­chende Sat­zungs­klau­sel bei zukünf­ti­gen vir­tu­el­len Haupt­ver­samm­lun­gen ver­pflich­tet wer­den zu gewähr­leis­ten, dass Fra­gen der Aktio­näre auch wäh­rend der lau­fen­den Haupt­ver­samm­lung gestellt wer­den kön­nen. Vor die­sem Hin­ter­grund muss es als durch­aus über­ra­schend bezeich­net wer­den, dass über­haupt das Ergän­zungs­ver­lan­gen durch den Vor­stand der Sie­mens AG posi­tiv beschie­den wurde. Bei der orga­ni­sa­to­ri­schen und inhalt­li­chen Aus­ge­stal­tung der Haupt­ver­samm­lung han­delt es sich unzwei­fel­haft um eine Geschäfts­füh­rungs­auf­gabe des Vor­stands im Sinne des § 76 AktG, und zwar auch dann, wenn die Haupt­ver­samm­lung auf der Grund­lage von § 1 Abs. 2 COVID-19-Gesetz durch­ge­führt wird.

    Über die Orga­ni­sa­tion der vir­tu­el­len Haupt­ver­samm­lung und ins­be­son­dere die Aus­ge­stal­tung des Fra­ge­rechts der Aktio­näre darf die Haupt­ver­samm­lung dem­entspre­chend – und zwar auch dann, wenn die Beschluss­fas­sung im Gewand einer Sat­zungs­än­de­rung daher­kommt – über­haupt nur dann beschlie­ßen, wenn der Vor­stand es nach § 119 Abs. 2 AktG ver­langt. Im Übri­gen gilt nach § 76 AktG (vor­lie­gend i.V.m. dem nach § 23 Abs. 5 AktG gel­ten­den Grund­satz der Sat­zungs­strenge), dass der Vor­stand seine Lei­tungs­auf­ga­ben unter eige­ner Ver­ant­wor­tung aus­übt und damit an Wei­sun­gen ande­rer Gesell­schafts­or­gane nicht gebun­den ist. Vor die­sem Hin­ter­grund spricht alles dafür, dass ent­spre­chende Beschluss­vor­schläge auf einen akti­en­recht­lich unzu­läs­si­gen Beschluss­ge­gen­stand gerich­tet sind, der den Beschluss nach § 241 Nr. 3 AktG nich­tig machen dürfte. Damit aber haben sie – bei allem Ver­ständ­nis für das mit dem Antrag ver­folgte Anlie­gen zur Stär­kung der Aktio­närs­de­mo­kra­tie – bei Lichte bese­hen rein recht­lich auf der Tages­ord­nung einer Haupt­ver­samm­lung nichts verloren.

  3. Es scheint, dass die Geschäfts­be­ur­tei­lungs­re­gel aus­ge­setzt wird, wenn der Vor­stand die Fra­gen nicht beant­wor­ten muss. Auch ohne Fra­ge­recht sind mög­li­che Haf­tungs­fälle begrenzt und das Board ist mit einem unsicht­ba­ren Schild aus­ge­stat­tet. Aber wird dies auch die Ver­tei­di­gungs­mög­lich­kei­ten des Vor­stands im Falle eines zukünf­ti­gen Haf­tungs­falls einschränken?

  4. Zur Anmer­kung, der Sat­zungs­an­trag sei auf einen akti­en­recht­lich unzu­läs­si­gen Beschluss­ge­gen­stand” gerich­tet: Man kann aber auch sagen, es geht um die Her­stel­lung der nach § 131 AktG bestehen­den Rechts­lage, die durch das COVI­D19-Gesetz aus­ge­setzt wurde. Dann muss über­legt wer­den, ob das COVI­D19-Gesetz eine abschlie­ßende Rege­lung tref­fen wollte, so dass ent­spre­chend § 23 V 2 AktG eine Sat­zungs­re­ge­lung nicht mög­lich ist. Kommt man zu dem Schluss, dass ange­sichts der Umstände die­ses Not­ge­set­zes eine abschlie­ßende Rege­lung nicht vor­liegt, bliebe Raum für eine ergän­zende Bestim­mung durch die Satzung.

Schreiben Sie einen Kommentar zu Dr. Carsten A. Paul Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .