Virtuelle Mitgliederversammlung beim Verein

Wäh­rend die vir­tu­elle Haupt­ver­samm­lung der gro­ßen Akti­en­ge­sell­schaft im Mit­tel­punkt steht, ist über vir­tu­elle Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen (MV) beim Ver­ein wenig bekannt. Zu erwar­ten steht, dass vir­tu­elle Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen zuneh­men, da die Prä­senz­be­schrän­kun­gen andau­ern und etli­che MVs aus dem Jahr 2020 nach­ge­holt bzw. mit den MVs 2021 zusam­men­ge­legt wer­den. Am 26.2.2021 hat der 1. FC Kai­sers­lau­tern ein sol­che abge­hal­ten mit über 2 000 digi­ta­len Teil­neh­mern; Dauer fast sie­ben Stun­den, Ende nach Mit­ter­nacht mit Wah­len zum Auf­sichts­rat. Auf Ultra-Spruch­bän­dern bei Heim­spie­len des VfB Stutt­gart war hin­ge­gen zu lesen: Keine vir­tu­elle Mitgliederversammlung!“

Seit März 2021 (BGBl. 2020, 3332) gilt bis zum Jah­res­ende: Der Vor­stand kann vor­se­hen, dass die Mit­glie­der des Ver­eins nur im Wege der elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­tion teil­neh­men (zuvor war im COVMG allein von der Ermög­li­chung der elek­tro­ni­schen Teil­nahme die Rede). Doch was heißt: Mit­glie­der­rechte“ elek­tro­nisch aus­üben? Mit­glie­der­rechte sind das Rede‑, Frage- und Stimm­recht, wobei nur letz­te­res im BGB gere­gelt ist. Für die Online-Aus­übung ist ein Stream der Ver­samm­lung erfor­der­lich (was für die AG eigens bestimmt ist: Bild- und Ton­über­tra­gung der gesam­ten Ver­samm­lung“, § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 COVMG; für den Ver­ein kann nichts ande­res gelten).

Die digi­tale Abstim­mung ist kaum ein Pro­blem. Mit der zuge­teil­ten Ken­nung kann sich das regis­trierte Mit­glied mel­den, per E‑Mail oder prak­ti­scher via Inter­net­for­mu­lar. Wenn zuwei­len gesagt wird, es sei unbe­kannt, wer per­sön­lich am ande­ren Ende der Lei­tung auf den Knopf drückt – das mag sein, doch bei der poli­ti­schen Brief­wahl ist es auch so.

Mit dem Rede- und Fra­ge­recht ist es etwas kom­pli­zier­ter. Ein Blick zur AG: Unmit­tel­bar auf der vir­tu­el­len HV gibt es diese Rechte nicht; das Fra­ge­recht ist bis zu einem Tag vor der vHV aus­zu­üben. Damit kann sich der Vor­stand der AG auf die Beant­wor­tung der vorab ein­ge­reich­ten und ggf. zusam­men­ge­fass­ten Fra­gen kon­zen­trie­ren. Beim Ver­ein ist es anders. Hier hat der Gesetz­ge­ber kein eige­nes Regime für die vir­tu­elle Ver­samm­lung ent­wi­ckelt, son­dern es wird das Prä­senz-Modell eins zu eins im digi­ta­len Bereich abge­bil­det. Statt sich im Saal zu erhe­ben und zu reden, wird eben in das hei­mi­sche Gerät gespro­chen. Das Pro­blem einer lan­gen Red­ner­liste wird also die vir­tu­elle MV beglei­ten; eine zu strikte Ver­knap­pung der Rede­zeit kann zur Beschluss­un­wirk­sam­keit füh­ren. Gerade bei emo­tio­nal auf­ge­la­de­nen Beschluss­ge­gen­stän­den bedeu­tet dies eine Gratwanderung.

Was die tech­ni­sche Umset­zung betrifft, kann man sich am Akti­en­recht ori­en­tie­ren. Der Ver­ein ist für die eigene Haus­tech­nik ver­ant­wort­lich, grobe Fahr­läs­sig­keit und Vor­satz scha­den, § 243 Abs. 3 Nr. 1 AktG entspr.; Inter­net­zu­gang und Funk­tion der Geräte der Mit­glie­der sind deren Ange­le­gen­heit, so wie es sich mit Stra­ßen­ver­kehr und Auto bei der Fahrt zu einer Prä­senz­ver­samm­lung verhält.

Was die ein­gangs erwähn­ten Fuß­ball­ver­eine betrifft, so zuckt man zusam­men, wenn beim 1. FCK von einer Beschluss­fas­sung nicht am Einberufungs‑, son­dern am Fol­ge­tag die Rede ist; im Akti­en­recht gibt es eine Mei­nung, die da lau­tet: die Mit­ter­nachts­stund‚ ein Nich­tig­keits­grund (und hier). Da ist Vor­sicht gebo­ten. Schließ­lich die kund­ge­machte Oppo­si­tion gegen eine vir­tu­elle MV beim VfB Stutt­gart: Sie hat wohl auch damit zu tun, dass bestimmte Grup­pen um ihre Sperr­mi­no­ri­tät fürch­ten, die sie bei weni­ger besuch­ten Prä­senz­ver­samm­lun­gen meist haben.

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