Ein Vorstandsmitglied in der Karenzzeit kann dieses Wahlhindernis überwinden, wenn „seine Wahl auf Vorschlag von Aktionären (erfolgt), die mehr als 25 Prozent der Stimmrechte an der Gesellschaft halten” (§ 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AktG). Im Fall der Deutschen Bank AG (Ackermann) wird man sehen, wie die Praxis bei Gesellschaften mit Streubesitz agiert. Fraglich ist, wie dieser „Vorschlag” in das Verfahren der Beschlussfassung der Hauptversammlung einzubringen ist. Dafür gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten. Der Aktionärsvorschlag kann im Vorfeld der HV gemacht und vom Aufsichtsrat (AR) in seinem Wahlvorschlag gem. § 124 Abs. 3 S. 1 AktG aufgegriffen werden. Der Schönheitsfehler ist, dass das Quorum noch in der HV gefordert wird (Hüffer, AktG, § 110 Rn. 7b), der AR-Vorschlag also zunächst einen inhabilen Kandidaten präsentieren würde. Wenn die pflichtgemäße Einschätzung des AR lautet, dass das Quorum bei Bestand bleibt (etwa weil entsprechende Aktionärsvereinbarungen getroffen wurden), ist es in Ordnung, auf die Beseitigung des Wahlhindernisses zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zu setzen. Die zweite Option ist, dass erst in der HV aus deren Mitte ein entsprechender Vorschlag unterbreitet wird. Um die Wahl zuzulassen, muss in diesem Fall zunächst das Erreichen des Quorums festgestellt werden (missverständlich Seibert WM 2009, 1489, 1490, wonach eine „kurze Abfrage in der Hauptversammlung, ob 25% der Aktionäre zustimmen würden” nicht gesetzeskonform sei). Die dritte Möglichkeit ist ein Wahlvorschlag nach § 127 AktG, der in der HV zur Abstimmung gestellt wird. — S. zum Ganzen eingehend Krieger, Der Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat, Festschrift für Hüffer, 2010, S. 521 ff.
Nicht zutreffend sind Vorhaltungen: „Ackermann nutzt eine Gesetzeslücke clever aus”, verbunden mit dem freundlichen Hinweis, er begehe aber „keine Straftat, wenn er die Lücke im Gesetz nutzt, um sich selbst zum Chefaufseher der Deutschen Bank zu machen”. Das rechtspolitisch umstrittene Gesetz (in Kraft seit 5.8.2009) enthält keine „Lücke”. Es gilt im Gegenteil umfassend, also für alle Aktiengesellschaften. Eine Differenzierung nach der Binnenstruktur (inhabergeführtes Familienunternehmen oder im Streubesitz) ist legislatorisch nicht durchführbar. Auch die jetzt zu vernehmende Vorstellung, das Gesetz dahin zu „verschärfen”, dass das Quorum von einem einzigen Aktionär (und nicht wie im Deutsche-Bank-Fall von mehreren) erreicht sein müsse, geht fehl: Wieso soll der Wunsch mehrerer Aktionäre weniger wert? Und bei Familienunternehmen würde man die oft anzutreffende Situation, dass die Aktien von verschiedenen Familienangehörigen gehalten werden, verfehlen. Am besten wäre, die Regelung wieder ganz zu streichen.
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