Wie ist derzeit folgender Fall zu entscheiden: Irrtümlich wird eine falsche Person als GmbH-Geschäftsführer vom Handelsregister bekanntgemacht. Sie schließt mit dem Dritten D ein Geschäft für die GmbH. – Lösung: Ein Vertrag des D mit der GmbH ist an sich nicht zustande gekommen, da die Gesellschaft nicht korrekt vertreten wurde. Allerdings kann sich der (gutgläubige) D auf die Register-Bekanntmachung berufen (§ 15 III HGB ‑positive Publizität), die falsche Person ist für ihn die Richtige, der Vertrag insoweit also doch gültig.
Wie sieht es mit diesem juristischen Kunststück aus, wenn die EU-Richtlinie über den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht umgesetzt wird? Die RL ermöglicht den mitgliedstaatlichen Verzicht auf eine Bekanntmachung. Das Register selbst ist dann maßgebend.
(1) Kommt es zu einer Diskrepanz zwischen der Anmeldung und der Eintragung, hat das Register „Vorrang“ (Art. 16 IV UA 3 RL). Beispiel: A wird als Geschäftsführer angemeldet, B wird als Geschäftsführer eingetragen. Dann kann sich wie im Ausgangsfall der Dritte auf die Eintragung des B berufen.
(2) Doch was ist, wenn bereits die Anmeldung falsch ist, eine Abweichung zwischen Register und „Akte“ (ein Begriff der RL) also nicht vorliegt? Dafür trifft die Richtlinie keine Regelung. Doch ist dieser Fall wohl häufiger, dass (etwa bei einem Gesellschafterstreit) eine falsche Person (wie sich nachträglich herausstellt) angemeldet und eingetragen wird. Nach dem Wortlaut der RL bliebe bei diesem Sachverhalt der Dritte ohne Schutz, er könnte nicht (abstrakt) auf den Registerinhalt bauen.
Eine mitgliedstaatliche Umsetzung (bis zum August 2021), die sinnvollerweise auf die Bekanntmachung verzichtet, sollte auch diesen zweiten Fall aufgreifen und generell im Sinne eines Vertrauensschutzes auf das „Reden“ des Registers abstellen. Das ist letztlich die europarechtskonforme Lösung (zutr. und näher Bayer/J.Schmidt BB 2019, 1922, 1925).
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