Zur VHV der Bayer AG

Pre­miere geglückt — die erste vir­tu­elle Haupt­ver­samm­lung (VHV) einer DAX-Gesell­schaft hat am 28.4. statt­ge­fun­den, viele wei­tere kom­men in den nächs­ten Wochen dazu. Statt nach Bonn zu rei­sen (dort war ursprüng­lich die Prä­senz-HV der Bayer AG vor­ge­se­hen), konnte man welt­weit bequem die Ver­samm­lung“ online ver­fol­gen, was über 2000 Aktio­näre taten; die Anteils­prä­senz lag bei ca. 64%. Tech­nisch hat alles funk­tio­niert. Hier die Auf­zeich­nung. Gewiss mag man­cher den Zun­der einer feu­ri­gen Aktio­närs­rede ver­misst haben. Aber die HV ist kein poli­ti­sches Aktio­när­spar­la­ment mit Show­ein­la­gen, auch wenn das medial gerne so gese­hen wird. In der Sache geht es um eine infor­mierte Ent­schei­dung über die Gegen­stände der Tages­ord­nung. Zur Infor­ma­tion gehö­ren Fra­gen und Ant­wor­ten. Hier liegt ein grund­sätz­li­ches Pro­blem des For­mats VHV“, das durch das COVI­D19-Gesetz nur pro­vi­so­risch gelöst wor­den ist (Fra­ge­mög­lich­kei­ten, Ant­wort nach freiem Ermes­sen, Anfech­tungs­aus­schluss). Zwar wäre die aktive elek­tro­ni­sche Aktio­närs­teil­nahme (und damit ein Live-Auf­tritt) mög­lich, doch das scheuen die Gesell­schaf­ten: völ­lig neu und kaum beherrsch­bar. Hier muss eben­falls gesetz­lich jus­tiert wer­den, wenn es um die Über­nahme der VHV in das regu­läre Akti­en­recht geht.

Die Behand­lung der Fra­gen auf der Bayer-VHV war einer­seits gut, ande­rer­seits schlecht. Gut, dass man sich sicht­lich bemüht hat, alle Fra­gen aus­führ­lich zu beant­wor­ten. Schlecht, wie das geschah, näm­lich stur nach dem her­kömm­li­chen Mus­ter einer Prä­senz-HV. Das Frage-Ant­wort-Pro­ze­dere zog sich vier Stun­den lang hin; ein ermü­den­des Vor­le­sen der Back­of­fice-Skripte durch Vor­stands- und Auf­sichts­rats­mit­glie­der zum Durch­ein­an­der von Mon­s­anto, Vor­stands­ge­halt, Diver­si­tät, Umwelt­schutz, Klima, Bilanz­fra­gen, US-Pro­zesse, Per­so­na­lia etc. Das mag bei einer Prä­senz-HV nicht anders gehen, weil dort die Fra­gen aus der Mitte der Ver­samm­lung gestellt und dann nach­ein­an­der beant­wor­tet werden. 

Aber bei der Bayer-VHV waren die Fra­gen zwei Tage vor­her (!) ein­zu­rei­chen. Also hatte man genug Zeit, um zu ord­nen, viele ähn­li­che Fra­gen zusam­men­zu­fas­sen (das emp­fiehlt die Geset­zes­be­grün­dung), eine trans­pa­rente Struk­tur zu erstel­len, sie zu publi­zie­ren und abzu­ar­bei­ten. Hier wurde eine Chance ver­tan, zu sehr an den alten Gewohn­hei­ten fest­ge­hal­ten — best prac­tice“ muss sich hier noch ent­wi­ckeln. Ins­ge­samt dau­erte die VHV dadurch viel zu lange – sie­ben Stunden! 

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