Das Gutachten von Jens Koch zum 72. Deutschen Juristentag 2018 liegt jetzt vor.
Für das Aktienrecht empfiehlt er:
„1. Die Anfechtung fehlerhafter Beschlüsse sollte nicht alternativlos zur Kassation des Beschlusses führen.
2. Ausschlaggebend für die Entscheidung für oder gegen die Kassation soll eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im weiteren Sinne sein.
3. Maßgeblich für die Verhältnismäßigkeitsbeurteilung ist vornehmlich ein beschlussbezogener Filter in dem Sinne, dass die Vor- und Nachteile der Kassation im Lichte der Schwere des Verstoßes gegeneinander abgewogen werden.
4. Es sollte auch einem unternehmerisch beteiligten Aktionär versagt sein, unter Berufung auf Bagatellfehler die Kassation herbeizuführen.
5. Der beschlussbezogene Filter bedarf einer klägerbezogenen Ergänzung.
6. Der klägerbezogene Filter sollte (alternativ) formuliert werden als:
a) individuelle Nachteilsabwägung (derzeitige Gestaltung)
b) Kassationsquorum (empfohlene Gestaltung)
c) Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der Beteiligungshöhe
d) Maßstab persönlicher Betroffenheit
e) Missbrauchstatbestand
7. Bei besonders schweren Rechtsverstößen sollte jedem Aktionär die Kassationsbefugnis erhalten bleiben.
8. Es sollte auch im Hauptsacheverfahren möglich sein, die Kassation als unverhältnismäßig abzulehnen.
9. Daneben bedarf es einer beschleunigten Freigabemöglichkeit, die als Zwischenentscheidung eines einheitlichen Verfahrens ausgestaltet sein sollte.
10. Das einheitliche Verfahren ist beim OLG anzusiedeln.
11. Auch bei nicht strukturändernden Beschlüssen sollte es dem Gericht möglich sein, andere Rechtsfolgen als eine Kassation auszusprechen.
12. Gegen den Ausschluss der Kassation sollte ein Rechtsmittel ausgeschlossen sein.
13. Ein eigenständiger Nichtigkeitstatbestand sollte erhalten bleiben.
14. Als Nichtigkeitsgründe sollten im Wesentlichen die in § 241 Nr. 3 AktG erfassten Sachverhalte mit inhaltlichen Klarstellungen beibehalten werden.
15. In einem System der Rechtsfolgendifferenzierung müssen die Auskunftsrechte nicht weiter beschränkt werden. (…)“
Für die anderen Gesellschaftsrechtsformen empfiehlt er (u.a.):
„22. Das gesellschaftsrechtliche Beschlussmängelrecht ist reif für eine gesetzliche Institutionenbildung auf der Grundlage des Anfechtungsmodells.
23. Das Anfechtungsmodell sollte festgeschrieben bzw. neu eingeführt werden für (kumulativ empfohlen):
a) die GmbH
b) den Verein
c) die Personengesellschaften
(…)
27. Die Anfechtungsfrist sollte gegenüber dem Aktienrecht moderat erhöht und zudem um einen Hemmungstatbestand ergänzt werden.
28. Richtiger Klagegegner ist in allen Gesellschaftsformen die Gesellschaft selbst.
29. Für die Streitwertbestimmung sollte generell eine § 247 I 1 AktG entsprechende Vorschrift gelten.
30. Die Einheitsfolge der Beschlusskassation sollte auch bei der GmbH durch eine Rechtsfolgendifferenzierung nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ersetzt werden.
31. Das Instrument einer Freigabeentscheidung ist ebenfalls auf die GmbH zu übertragen (…)”.
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