Das umstrittene sog. Risikobegrenzungsgesetz wird heute in einer öffentlichen Anhörung im Finanzauschuss des Deutschen Bundestages behandelt: 51 Sachverständige in 3,5 Stunden (= ca. 4 Minuten pro Statement). Einen Eindruck kann man sich im „Parlamentsfernsehen” (Internet) verschaffen, das am späteren Nachmittag eine Aufzeichnung sendet.
Ebenfalls in der öffentlichen Anhörung ist heute der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG). Der Rechtsauschuss des Deutschen Bundestages hat hierzu 12 Sachverständige sind geladen. Hier wird es leider keine Übertragung geben.
Das MoMiG und die Unternehmergesellschaft – die englische Erfahrung zeigt: Gut und billig gibt’s nicht
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat am 23. Januar 2008 eine öffentliche Sachverständigenanhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisie-rung des GmbH Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) durchgeführt. Ein zentraler Punkt des Vorhabens betrifft die Einführung einer „Unternehmer-gesellschaft mit beschränkter Haftung“, die bereits mit einem Kapitaleinsatz von 1 Euro gegründet werden kann. Während der anschließenden Presserklärung des Bundestags insoweit kaum Ergebnisse entnommen werden können, fallen die Stel-lungnahmen aus der Politik konkreter aus. So erblickt der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. Jürgen Geh hierin ein attraktives Angebot für Gründer und Kleingewerbetreibende gerade auch im Hinblick auf die einfach und ohne Mindestkapital zu gründende „limited“. Demgegenüber fällt die Stellungnahme der justizpolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Mechthild Dyckmans deutlich zurückhaltender aus. Übereinstimmend mit der überwiegenden Mehrheit der Sachverständigen macht die Einführung der 1 €-GmbH für sie nur wenig Sinn, da insoweit die Seriositätskontrolle für Unternehmen verloren gehe.
Dem ist entschieden beizutreten. Denn gerade die englische Erfahrung mit der „lim-ted“ zeigt den Nutzen des Mindestkapitals als Seriositätsschwelle und Schutz vor leichtfertigen Gründungen Kleingewerbetreibender. Ganz ähnlich wie in Deutschland favorisiert zwar die dortige Regierung diesen Personen den einfachen Zugang zur Haftungsbeschränkung zu ermöglichen. Praktiker und Teile der Rechtswissenschaft treten aber nahezu seit Implementierung der „limited“ im englischen Gesellschafts-recht Ende des 19. Jahrhunderts für die Einführung eines Mindestkapitals ein. So geht man davon aus, dass ein Mindestkapital bei Kleinst- und Kleinbetrieben in den ersten Wochen nach der Gründung eine Anfangsfinanzierung gewährleistet und das Bewusstsein der Unternehmer für die mit der Haftungsbeschränkung einhergehen-den Verantwortung schärft. Zudem zeigt die englische Rechtswirklichkeit, dass Kleingewerbetreibende mit den bei Führung einer Kapitalgesellschaft gerade zum Schutze der Gläubiger zu beachtenden Regeln oftmals überfordert sind. Externer Rechtsrat ist für diese Personen aber häufig zu teuer. Daneben tritt eine – gegenüber Deutschland – ausgeweitete Sicherungspraxis der Banken. Kleinunternehmer ver-bürgen sich häufiger als hierzulande für die Gesellschaftsschulden. Insofern verliert für sie die Haftungsbeschränkung in der Insolvenz ihren Wert. Vor Insolvenzeintritt versuchen diese Personen aber häufig alles, um die persönliche Inanspruchnahme zu verhindern. Folglich befriedigen sie zu Lasten der ungesicherten Gläubiger vor-rangig ihre marktstarken Kreditgeber. Ein weiteres durch die einfache Gründung be-günstigtes Szenario ist die Geschäfte mit einer neuen Gesellschaft weiterzuführen. Zumindest den kleinen Gläubigern bleibt demnach nur die leere Hülle der alten Ge-sellschaft zurück. Schließlich zeigt der Blick nach England, dass der dort an Stelle eines Mindestkapitals favorisierte ex post Gläubigerschutz mittels eines strengen Haftungsregimes und Berufsverboten, wie ihn jetzt auch das MoMiG vorgesieht, häu-fig leer läuft. Gründe sind u. a. die beschriebne Unkenntnis Kleingewerbetreibender von den Gläubigerschutzvorschriften, ihr rückhaltloser Einsatz für das Krisenunter-nehmen und die oftmals mit der Gesellschaftsinsolvenz einhergehende Privatvermö-gen.
Angesichts dieser weder für die Gläubiger noch für die Unternehmer erfreulichen Be-funde, die sicherlich auch in Bezug auf die angestrebte Unternehmergesellschaft zu erwarten sind, wäre es unklug das Mindestkapital leichtfertig im Wettbewerb der Ge-sellschaftsrechte zu opfern. Kleingewerbetreibende für die eine GmbH Gründung deshalb zu teuer ist, sollten wie bisher ihre Geschäfte als Einzelkaufmann oder mit-tels einfach zu führenden Personengesellschaften betreiben. Denn beide Rechtsfor-men bewahren die Unternehmer vor bösen Überraschungen und gewährleisten an-gesichts des Gleichlaufs von Handeln und Haftung einen verantwortungsvollen Ge-schäftsbetrieb.