Die Stellungnahmen aus Deutschland zu dem „Grünbuch Europäischer Corporate Governance-Rahmen”, das die EU-Kommission im April 2011 vorgelegt hat, sind (soweit ersichtlich) durchweg in der Sache ablehnend. Der Deutsche Bundestag hat am 6.7.2011 in einer Entschließung freundlich erklärt (BT-Drucks. 17/6506 i.d.F. Rechtsausschuss), er teile die „Zielsetzung des Grünbuchs zwar grundsätzlich”, habe aber grundlegende Bedenken gegen wesentliche Vorschläge der Kommission. Der Bundestag wendet sich insbesondere gegen die Einführung starrer Quoten für die Beteiligung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen in gesellschaftrechtlichen Gremien; dies verstoße gegen den Grundsatz der Subsidiarität. Entschieden abgelehnt wird die Schaffung einer aufsichtsbehördlichen Überprüfbarkeit von Corporate-Governance-Erklärungen. Ebenso zurückgewiesen wird eine regulatorische Gleichbehandlung von börsen- und nicht börsennotierten Unternehmen auf EU-Ebene. …
WeiterlesenKategorie: Corporate Governance
CG-Kodex-Kommission: keine Änderungen 2011, Konsultationen angekündigt
„Die Regierungskommission beabsichtigt, die Stakeholder des Deutschen Corporate Governance stärker in die Arbeit einzubinden. So wird die Kommission künftig beabsichtige Änderungen auf der Website der Regierungskommission veröffentlichen und die interessierte Öffentlichkeit zur Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist einladen.” Diese Pressemitteilung der Kodex-Kommission ist zwar sprachlich fehlerhaft, aber der Inhalt ist gut. Was geschieht mit den Beiträgen der „Stakeholder” (wer ist denn das)? „Die Regierungskommission wird die Stellungnahmen in ihre Beratungen einbeziehen.” Auch gut. Dass es in diesem Jahr keine Änderungen gibt, ist ebenfalls zu begrüßen. Zur Diskussion um den Kodex s. auch hier.
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Aufsichtsratswahlen und Verstöße gegen die Kodex-Entsprechungserklärung
Ist die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds anfechtbar, weil ein Verstoß gegen die Entsprechungserklärung zum Corporate Governance Kodex vorliegt? Das ist ein neuerdings vieldiskutiertes und ersichtlich brisantes Thema. Das Landgericht Hannover urteilte vor Jahresfrist: „Werden … durch den Hauptaktionär benannte Mitglieder, bei denen ein dauerhafter Interessenkonflikt nicht auszuschließen ist, in den Aufsichtsrat gewählt, ohne dies durch Änderung der gemäß § 161 AktG abzugebenden Erklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex bekannt zu machen, ist dies als Gesetzesverstoß i.S.d. §§ 243 Abs. 1 S. 1, 252 Abs. 1 S. 1 AktG zu bewerten, der die Anfechtbarkeit des Wahlbeschlusses zum Aufsichtsrat zur Folge hat.” (Urteil v. 17.03.2010, Az. 23 O 124/09 – Continental AG). …
WeiterlesenGeschlechterproporz und Unternehmensverfassung
Eine gesetzliche Geschlechterquote für Aufsichtsräte und Vorstände ist durch die Bundeskanzlerin zunächst unterbunden worden; vielmehr soll es eine „Selbstverpflichtung der Unternehmen” geben, den Anteil von Frauen in Führungspositionen signifikant zu steigern. Die Frauenquote per Gesetz wäre rechtspolitisch verfehlt und verfassungswidrig. Der Staat kann nicht vorgeben, wie die Leitung privater Unternehmen zu besetzen ist. Das ist für Personengesellschaften ganz selbstverständlich, aber nichts anderes gilt für Kapitalgesellschaften. Insoweit kann es keine sachlich begründete Unterscheidung zwischen GmbH und Aktiengesellschaft geben, und für letztere auch keine mit Blick auf die Börsennotiz. Börsennotierte Gesellschaften unterliegen zwar etlichen Zusatzanforderungen (Publizität, Transparenz), die sich aus der Inanspruchnahme eines öffentlichen Kapitalmarkts ergeben. Aber die Besetzung des Führungspersonals nach gesellschaftspolitischen Vorstellungen hat damit ersichtlich nichts zu tun. …
WeiterlesenBericht von der VGR-Jahrestagung 2010: „Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen wegen Abweichung von der Entsprechenserklärung?“
Gastbeitrag von RA Dr. Dieter Leuering
Professor Dr. Uwe Hüffer, em. Professor der Ruhruniversität Bochum und jetzt Rechtsanwalt in der Traditionskanzlei Schilling, Zutt und Anschütz in Mannheim, sprach auf der 13. Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung am 12. November 2010 über die „Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen wegen Abweichung von der Entsprechenserklärung”, wobei er dieser Überschrift seines Themas bereits ein Fragezeichen hinzufügte.
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Thesen des Vortrags
Die Ergebnisse seines Vortrages hat Hüffer in acht Thesen zusammengefasst.
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Ein Beschluss der Hauptversammlung ist nach § 243 Abs. 1 AktG wegen einer Gesetzesverletzung nur anfechtbar, wenn er seinem Inhalt nach nicht ergehen durfte (Inhaltsfehler) oder in einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen ist und deshalb an einem regelmäßig nach der Relevanztheorie festzustellenden Legitimationsdefizit leidet (Verfahrensfehler).
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Ein von
Brauchen wir auch einen Kodex für Investoren?
Der Deutsche Corporate Governance Kodex betrifft die Organe der börsennotierten Aktiengesellschaft – aber nicht die (Groß-)Aktionäre. Fehlt da etwas? Brauchen wir auch Verhaltensregeln (über das Gesetz hinaus) für aktive Investoren? In Großbritannien hat das „Financial Reporting Council” einen Kodex veröffentlicht („Stewardship Code”), der sich an institutionelle Investoren richtet: „The UK Stewardship Code was published in July 2010. It aims to enhance the quality of engagement between institutional investors and companies to help improve long-term returns to shareholders and the efficient exercise of governance responsibilities by setting out good practice on engagement with investee companies to which the FRC believes institutional investors should aspire.” Der Kodex enthält u.a. Anforderungen an eine transparente Stimmrechtsausübung …
WeiterlesenDeutscher Corporate Governance Kodex geändert
Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex hat auf ihrer Plenarsitzung am 26. Mai einige Änderungen und Fortschreibungen beschlossen. Die bisherige Diversity-Empfehlung für Aufsichtsräte wurde „weiter konkretisiert, um den Anteil von Frauen und internationalen Vertretern in deutschen Aufsichtsräten nachhaltig zu erhöhen.” (Pressemitteilung). „Schließlich erweiterte die Kodex-Kommission die Empfehlung, wonach ein Vorstand einer börsenorientierten Gesellschaft nicht mehr als drei Aufsichtsratsmandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften wahrnehmen soll. Diese Empfehlung schließt künftig auch Mandate in Aufsichtsratsgremien von nichtbörsennotierten konzernexternen Unternehmen ein, die vergleichbare Anforderungen an deren Mitglieder stellen.” Die Kommission hat ferner die Verpflichtung betont, dass Mitglieder des Aufsichtsrats die für ihre Aufgaben erforderlichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen eigenverantwortlich wahrzunehmen haben. Darüber hinausgehend empfiehlt die Kommission, dass …
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