§ 35 WpÜG enthält kein Individualrecht auf ein Kaufangebot durch den Kontrollinhaber an die übrigen Aktionäre. Ebenso wenig vermittelt § 38 WpÜG einen selbständigen Zinsanspruch. Über diese umstrittenen Rechtsfragen hat heute der II. Zivilsenat des BGH entschieden (II ZR 80/12). Es bleibt also bei den Sanktionen des WpÜG (insbesondere Rechtsverlust nach § 59 WpÜG), wenn der Kontrollinhaber nicht bietet (d.h. keine „Angebotsunterlage” bei der BaFin einreicht und veröffentlicht).…
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Emittentenleitfaden der BaFin: Konsultation zur 4. Auflage
„Emittentenleitfaden” klingt nach kleiner Handreichung, aber dahinter verbirgt sich weitaus mehr. Es handelt sich um das Brevier der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. „Der Leitfaden soll praktische Hilfestellungen für den Umgang mit den Vorschriften des Wertpapierhandelsrechts bieten, ohne eine juristische Kommentierung darzustellen. Er bietet einen Einstieg in die Rechtsmaterie und erläutert die Verwaltungspraxis der BaFin.” Insbesondere auf den letzten Halbsatz kommt es an: Die Aufsicht wird durch die Aussagen des Leitfadens geprägt. Die Behörde ist derzeit dabei, die vierte Auflage vorzubereiten. In der Sache geht es um Anpassungen an Änderungen, die das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz (vor zwei Jahren!) mit sich brachte. Informationen über bedeutende Stimmrechtsanteile ist insoweit ein hauptsächlich betroffenes Kapitel. Nach dem Vorbild der SEC wird der …
WeiterlesenFacebook als Medium aktien- und kapitalmarktrechtlicher Mitteilungen
Die Hauptversammlung kann statt über den Internet-Bundesanzeiger mit eingeschriebenem Brief einberufen werden (§ 121 Abs. 4 S. 2 AktG). Das ist umständlich, doch die Satzung kann etwas „anderes” bestimmen – und das tut sie auch, insbesondere die E‑Mail wird verbreitet als Mittel der Information benannt. Könnte die Klausel auch lauten, dass eine Facebook-Nachricht genügt? Wenn auf diese Weise alle Aktionäre erreicht werden können, sollte dem nichts entgegenstehen. Voraussetzung wäre also, dass die Aktionäre eine entsprechende Facebook-Gruppe bilden oder die Seite subskribiert haben. Eine öffentliche Einladung auf der Facebook-Seite der Gesellschaft würde nicht genügen, denn die Nachricht soll den Aktionären überbracht werden („push”), die Erwartung, dass sie abgerufen werde („pull”) reicht nicht. Damit ist klar, dass die …
WeiterlesenZHR-Symposion 2013 zum Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht
Sind wir auf dem Wege zur realen Verbandspersönlichkeit im 21. Jahrhundert? Otto v. Gierke hätte seine Freude gehabt an der Diskussion auf dem diesjährigen ZHR-Symposion in Königstein/T am 18./19.1. Die rund 100 Teilnehmer befassten sich am zweiten Tag mit „Konzernverantwortung im Wirtschaftsverwaltungsrecht” (Referenten: Bosch, Tröger, Löbbe). Im Kern geht es darum, ob an das Konzernunternehmen als solches oder an den jeweiligen Rechtsträger der Unternehmenseinheit anzuknüpfen ist. Wem das zu „rechtstheoretisch” erscheint, sei darauf hingewiesen, dass sich an dieser Weiche entscheidet, ob Millionen- oder gar Milliardensummen zu zahlen sind. Stichwort: kartellrechtliche „Bebußung”. Wer nach dem Ansatz des deutschen (Konzern-)Rechts auf den Rechtsträger fokussiert, wird die Obergesellschaft nur …
WeiterlesenSchneller lesen
Heute ist Erstnotiz der Aktien der Talanx AG in Frankfurt/M und Hannover. Ihrem Börsengang liegt — selbstverständlich — ein Börsenprospekt zugrunde. Damit die Anleger ihre Entscheidung auf wohlinformierter Basis treffen: „Bei jeder Anlageentscheidung sollte sich der Anleger auf die Prüfung des gesamten Prospektes stützen” (S. 33 unter A.1). Allerdings muss man auch schnell lesen und prüfen: Der Prospekt umfasst 1.160 Seiten ganz überwiegend in englischer Sprache. Er wurde am 20. September 2012 veröffentlicht, das Angebot endete gestern um 12 Uhr. Wer rechtzeitig angefangen hat zu lesen und jeden Tag etwas mehr als 110 Seiten schaffte, kam gerade so durch. Da fragt man sich doch, ob wir es mit dem Satz „…
WeiterlesenRevision der Übernahme-Richtlinie geplant
Die EU-Kommission wird im Oktober 2012 konkrete „Maßnahmen” zum Übernahmerecht vorstellen. Das geht aus einem Bericht an das Europäische Parlament und den Rat hervor, der über die Anwendung der Richtlinie 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote erstattet wurde. Insgesamt wird ein positives Bild gezeichnet, eine Generalüberholung der Richtlinie nach 8 Jahren wird nicht als notwendig erachtet.
Ein Schwerpunkt für eine Reform ist nach der Kommission das „gemeinsame Handeln” der Aktionäre. Hier ist einerseits (EU-Grünbuch Corporate Governance, 2011) gewünscht, dass Aktionäre (auch zusammen) aktiv werden – andererseits ist deren kollektive Aktion unter Übernahmeaspekten dubios, sie könnte ja ein Pflichtangebot hervorrufen. Also muss die gute von der bösen Aktivität geschieden werden. Die Abgrenzung bzw. Präzisierung sollte …
WeiterlesenKeine Kettenzurechnung bei der Treuhand
Wie wirkt sich ein „acting in concert” zwischen Treugeber (TG) und einem Aktionär (A) auf den Treuhänder (TH) aus? Dazu hat der BGH jüngst Stellung genommen (Urt. v.
19.07.2011 — II ZR 246/09). Der (vereinfachte) Sachverhalt: A hat sein Stimmverhalten mit TG abgestimmt. Das hat zur Folge, dass TG die Stimmrechte des A zugerechnet werden (§ 22 II WpHG) und eine Meldepflicht bei Überschreitung des Schwellenwertes besteht (§ 21 I WpHG); bei Verletzung tritt ein Rechtsverlust ein (§ 28 WpHG). TH hat nur die „eigenen” Stimmrechte gemeldet, die ihm aus Aktien zustehen, die er für TG hält. Hätte er auch die Stimmrechte melden müssen, die …