Die EU-Kommission wird im Oktober 2012 konkrete „Maßnahmen” zum Übernahmerecht vorstellen. Das geht aus einem Bericht an das Europäische Parlament und den Rat hervor, der über die Anwendung der Richtlinie 2004/25/EG betreffend Übernahmeangebote erstattet wurde. Insgesamt wird ein positives Bild gezeichnet, eine Generalüberholung der Richtlinie nach 8 Jahren wird nicht als notwendig erachtet.
Ein Schwerpunkt für eine Reform ist nach der Kommission das „gemeinsame Handeln” der Aktionäre. Hier ist einerseits (EU-Grünbuch Corporate Governance, 2011) gewünscht, dass Aktionäre (auch zusammen) aktiv werden – andererseits ist deren kollektive Aktion unter Übernahmeaspekten dubios, sie könnte ja ein Pflichtangebot hervorrufen. Also muss die gute von der bösen Aktivität geschieden werden. Die Abgrenzung bzw. Präzisierung sollte dem Bericht zufolge über die „Entwicklung von Leitlinien” durch die Kommission und/oder die ESMA erfolgen. Das Ziel klingt, wie stets in solchen Verlautbarungen, gut: Es gehe darum, „längerfristig angelegte und nachhaltige Eigentumsverhältnisse zum Nutzen eines nachhaltigen Wachstums des europäischen Marktes zu fördern”. Für das deutsche Recht würden die „Leitlinien” wenn nicht den Text, so doch die Interpretation des § 30 Abs. 2 WpÜG bestimmen.
Ein weiterer Gegenstand der Richtlinien-Überprüfung sind verschiedene nationale Ausnahmen von der Pflichtangebotsvorschrift. Hier sei nicht immer klar, ob und wie einer der allgemeinen Grundsätze der Richtlinie, nämlich der Schutz von Minderheitsaktionären im Falle eines Kontrollwechsels, eingehalten werde. Die Kommission droht hier mit Vertragsverletzungsverfahren.
Über eine Regulierung des „Creeping in” soll weiter verhandelt werden, am Ende könnte eine Empfehlung stehen (zur Bewertung aus Sicht der deutschen Übernahmerechtspolitik s. das White Paper von Baums). Die (fakultative) Durchgriffsvorschrift (Art. 11 RL) sei nur zögerlich umgesetzt worden, allerdings habe sich dies nicht als größeres Hindernis für Übernahmeangebote in der EU erwiesen. Was die Arbeitnehmerrechte anbelangt, so heißt es viel- bzw. nichtssagend, dass der Dialog mit den Arbeitnehmervertretern fortgesetzt werde.
Dem Bericht liegt eine externe Studie zugrunde, die Marccus Partners in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Europäische Politische Studien im Juni 2012 im Auftrag der Kommission vorgelegt haben; s. auch hier (ECMI).
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