Durch die Satzung kann ein Hauptversammlungsort im Ausland bestimmt werden.“

So lau­tet der 1. Leit­satz einer soeben ver­öf­fent­lich­ten BGH-Ent­schei­dung (Urt. v. 21.10.2014II ZR 330/13). Damit hat der II. Zivil­se­nat eine umstrit­tene Rechts­frage geklärt. Nach ganz über­wie­gen­der Lite­ra­tur­mei­nung war die grund­sätz­li­che Zuläs­sig­keit einer HV im Aus­land zwar gege­ben – aber es fehlte das jetzt erteilte höchst­rich­ter­li­che Pla­zet. Der Senat setzt sich ein­ge­hend mit dem Haupt­ein­wand aus­ein­an­der, das Beur­kun­dungs­er­for­der­nis (§ 130 Abs. 1 Satz 1 AktG) stehe einer Ver­samm­lung im Aus­land ent­ge­gen. Die Beur­kun­dung durch einen aus­län­di­schen Notar genüge, wenn sie der deut­schen Beur­kun­dung gleich­wer­tig ist.” Das Urteil ver­weist dafür auf BGHZ 80, 76, 78 (zur Beur­kun­dung von GmbH-Sat­zun­gen durch Zür­cher Notar). 

Nach dem ja” kommt das aber”. Denn die Bestim­mung eines Ver­samm­lungs­orts im Aus­land durch die Sat­zung muss eine sach­ge­rechte, am Teil­nah­me­in­ter­esse der Aktio­näre aus­ge­rich­tete Vor­gabe ent­hal­ten” (aus dem 2. Leit­satz). Ein freies Aus­wahler­mes­sen des ein­be­ru­fen­den Vor­stands darf es nicht geben. Da ein sol­ches bei einer Sat­zungs­klau­sel gese­hen wurde, wonach die HV am Sitz einer Wert­pa­pier­börse in der Euro­päi­schen Union oder einer Groß­stadt in der Euro­päi­schen Union mit mehr als 500.000 Ein­woh­nern” statt­fin­den kann, war die Anfech­tung im vor­lie­gen­den Fall berechtigt. 

Für die Pra­xis ist es trotz der grund­sätz­li­chen Bil­li­gung einer Aus­lands-HV sehr schwie­rig, eine kor­rekte Sat­zungs­be­stim­mung zu for­mu­lie­ren. Der Senat sagt zunächst, was nicht geht (Rn. 21): Eine hohe Zahl an mög­li­chen Ver­samm­lungs­or­ten in ganz Europa” und die Zumu­tung einer wei­ten Anreise bis an die Rän­der der Euro­päi­schen Union”. Fer­ner wird moniert, dass am Ver­samm­lungs­ort kein Bezug zur geschäft­li­chen Tätig­keit der Gesell­schaft besteht” (wobei die­ser Satz nicht umge­kehrt als Erfor­der­nis zu deu­ten sein dürfte). 

Eine Sat­zungs­re­ge­lung muss das Teil­nah­me­in­ter­esse des Aktio­närs wah­ren. Der Aktio­när („jeden­falls bei einer Akti­en­ge­sell­schaft mit grö­ße­rem Aktio­närs­kreis”; Rn. 20) soll sich auf die mög­li­chen Ver­samm­lungs­orte ein­stel­len kön­nen. Das spricht dafür, eine klare und für die Anreise zumut­bare Aus­wahl der mög­li­chen Orte zu benen­nen, etwa: Die HV kann in der Haupt­stadt eines Staa­tes statt­fin­den, der an Deutsch­land angrenzt, fer­ner in Ams­ter­dam, Lon­don oder Zürich”. S. auch Noack/​Zetzsche, Köl­ner Kom­men­tar zum AktG, 3. Aufl. 2011, § 121 Rn. 188: Für den Stutt­gar­ter Daim­ler-Aktio­när ist Paris nicht schwe­rer erreich­bar als Berlin”. 

Nicht zu befin­den war über die Mög­lich­keit der Teil­habe im Wege elek­tro­ni­scher Kom­mu­ni­ka­tion” (§ 118 Abs. 1 S. 2 AktG). Wie wäre das Teil­nah­me­in­ter­esse zu bewer­ten, wenn zwar die Prä­senz-HV am Rand der Euro­päi­schen Union” (oder in Über­see) statt­fin­det, die Gesell­schaft aber die volle Rechts­aus­übung via Inter­net ermög­licht, ggf. an hie­si­gen Orten einige Räum­lich­kei­ten mit der ent­spre­chen­den Tech­nik zur Ver­fü­gung stellt? Zu einem frü­hen Kon­zept s. Noack, FS Druey, 2002, S. 869, 877 ff.

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