Eine in München registrierte GmbH verlegte ihren Sitz nach Portugal. Die Gesellschaft wurde dort unter Hinweis auf die Voreintragung in Deutschland im Register als portugiesische „LDA” eingetragen worden. Die Gesellschaft begehrt, dass im deutschen Handelsregister der „Wegzug” eingetragen werde. Dies weist das OLG München mit Beschluss vom 04.10.2007 (31 Wx 36/07) zurück.
Der OLG-Senat befindet im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung, dass das deutsche Recht die identitätswahrende Auswanderung einer Kapitalgesellschaft nicht zulasse. Dies gelte unabhängig davon, ob die Rechtsform der GmbH beibehalten werde oder – wie es vorliegend der Fall sei – eine entsprechende Rechtsform nach dem Recht des Zuzugslandes angenommen wurde. Ein Fortbestehen der Gesellschaft sei bei einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung ist nur dann möglich, wenn sowohl der Wegzugs- als auch der Zuzugsstaat nach ihrer jeweiligen Rechtsordnung den Fortbestand ermöglichen. Nach deutschem Recht verliere indessen eine GmbH ihre Rechtsfähigkeit mit der Verlegung des Satzungssitzes ins Ausland. — Der letztgenannte Satz ist so nicht ganz zutreffend: nach herrschender Meinung ist die Sitzverlegung ein Auflösungsgrund, aber die aufgelöste GmbH ist nach wie vor als solche existent und rechtsfähig (bis zur Vollbeendigung u.a. durch Löschung im Handelsregister).
Der Senat begründet noch ausführlich, dass seine Entscheidung mit europäischem Recht in Einklang stehe. Aus der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 48 EG) folge kein Recht auf identitätswahrende Sitzverlegung. Auch die neueste Rechtsprechung des EuGH wird einbezogen und gibt keinen Anlass für eine andere Auffassung. Der EuGH hat bekanntlich Fälle des Zuzugs entschieden, während er für den Wegzug bei seiner Zurückhaltung (Daily Mail-Urteil 1989) geblieben ist. Die Gesellschaft ist ein Kunstprodukt des nationalen Rechts, das deshalb auch über deren Schicksal zu entscheiden habe. Aus der Entscheidung des EuGH v. 11.3.2004 („de Lasteyrie du Saillant”- eine natürliche Person betreffend) lasse für die Verlegung des Sitzes von Kapitalgesellschaften nichts entnehmen. Dasselbe gelte für die Entscheidung in der Sache „Sevic”, die den generellen Ausschluss grenzüberschreitender Verschmelzungen als unzulässig erachtet.
Das OLG München hat zutreffend den begehrten „Wegzugsvermerk”, der weder dem GmbH- noch dem Registerrecht bekannt ist, verweigert. Die GmbH muss im Verfahren der §§ 66 ff GmbHG abgewickelt werden.
Nach der im parlamentarischen Verfahren befindlichen GmbH-Reform (MoMiG) würde nichts anderes gelten. Auch dann ist ein inländischer Satzungssitz erforderlich (Neufassung des § 4a GmbHG), während der Verwaltungssitz aus Sicht des deutschen Rechts künftig beliebig im Ausland genommen werden kann.
Die Praxis wird auf eine (geplante, aber immer wieder verzögerte) EU-Richtlinie zur Verlegung des Satzungssitzes warten müssen – oder der EuGH entscheidet auch die Wegzugsfälle entsprechend den Zuzugsfällen.
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