Aus aktuellem Anlass (VW!) wird diskutiert, ob ein Vorstandmitglied einer börsennotierten AG auch vor Ablauf von zwei Jahren (§ 101 II 1 Nr. 4 Halbs. 1 AktG) vom Gericht in den Aufsichtsrat bestellt werden kann (§ 104 AktG). Für die „Wahl” durch die Hauptversammlung ist das möglich, wenn 25% der Aktionäre einen entsprechenden Vorschlag machen (§ 101 II 1 Nr. 4 Halbs. 2 AktG). Diese Überwindung des Bestellungshindernisses gilt auch für die gerichtliche Bestellung (MünchKommAktG/Habersack, 4. Aufl. 2014, § 100 Rn. 39). Das Gericht soll den Antrag berücksichtigen, wenn er von 25% der Aktionäre gestellt wurde (was in dem aktuellen Fall gut möglich ist); …
WeiterlesenKategorie: Aktiengesellschaft
Die Kuh kommt vom Eis: Delisting
Die Fraktionen der Koalitionsparteien haben sich gestern auf eine modifizierte Delisting-Regelung verständigt (früherer Entwurf hier), nachdem in der Anhörung am 7.9.2015 einige Kritik zu hören war. Vor allem das — plakativ so genannte — „toxische Übernahmeangebot” (Tüngler, DSW) ist ihr zum Opfer gefallen. Ein vorhergehendes Übernahmeangebot wird die Pflicht zur Abfindung nicht entfallen lassen. Neu ist, dass sich das Abfindungsangebot an dem durchschnittlichen Börsenkurs der letzten sechs Monate zu orientieren hat. Bei Marktmanipulationen und Falschmeldungen soll es jedoch auf den Ertragswert ankommen. Eine Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Delisting-Entscheidung wird es nicht geben.
Die Änderung wird im Rahmen des der Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie in das Börsengesetz eingefügt. Darüber wird am 30…
Weiterlesen50 Jahre Aktiengesetz 1965 — Themenheft
Heute vor 50 Jahren wurde das Aktiengesetz im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Heft 17/2015 der vorzüglichen Fachzeitschrift „Die Aktiengesellschaft” enthält Beiträge von Seibert, Assmann, Habersack, Schneider und Emmerich zu dem Thema 50 Jahre AktG. Die großen Linien und mögliche Entwicklungen („Was bringen die nächsten 25 Jahre?”) skizziert der Aufsatz von Prof. Dr. Ulrich Seibert (hier): Entwicklung von Kapitalmarkt und Corporate Governance aus der Sicht der Gesetzgebung.
Und ein weiteres Themenheft dazu erscheint im November: das ZGR Sonderheft 19 (mit den Beiträgen des Bonner Symposions März 2015).…
WeiterlesenDelisting: neuer Entwurf
Ein Entwurf für eine Regelung des Delisting sieht eine Regelung im Börsengesetz vor. Danach ist ein Widerruf nur zulässig, wenn ein Erwerbsangebot entsprechend § 31 WpÜG gemacht wird (oder ein halbes Jahr zuvor ein solches unterbreitet wurde). Ein Beschluss der Hauptversammlung ist ” vor dem Hintergrund der nunmehr vorgesehenen umfassenden kapitalmarktrechtlichen Schutzbestimmungen nicht geboten” (Begründung).
Die Gesetzesinitiative geht von den Koalitionsparteien aus. Der Vorschlag soll am 7.9.2015 im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages erörtert werden. Offenbar ist jetzt geplant, die Änderung des Börsengesetzes in die Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie einzubauen.…
WeiterlesenWie geht es eigentlich …
… der Aktienrechtsnovelle und der Aktionärsrechte-Richtlinie? Diese beliebten Fragen (hier und da) konnten bei einer Veranstaltung des Düsseldorfer Instituts für Unternehmensrecht über „Aktuelle Gesetzgebung im Gesellschaftsrecht” etwas beantwortet werden.
Der vor fast fünf Jahren gestarteten Aktienrechtsnovelle geht es eher nicht gut. Sie wird wieder als Trägerobjekt für rechtspolitische Wünsche genutzt. In der vergangenen Wahlperiode war es die bindende HV-Entscheidung zur Vorstandsvergütung (gescheitert), in dieser Periode ist es die Regelung des Delisting. Vor zwei Monaten hieß es am Rande einer Anhörung im Rechtsausschuss, mit diesem Gegenstand (dazu Koch/Harnos NZG 2015, 729) wolle man die Novelle nicht befrachten. Nun also doch, denn die Rechtspolitiker seien dahinter her — oder doch wieder nicht? Eine Beratung im Rechtsausschuss ist …
WeiterlesenCorporate Governance 2.0.
Eine bedeutsame Veränderung spricht der BMJV-Staatssekretär bei seiner Rede auf der Corporate-Governance-Konferenz in Berlin an:
„Was wird nun in den nächsten 25 Jahren kommen? … Interessant sind die Überlegungen der EU-Kommission zur Ausweitung des Corporate Governance Gedankens von den klassischen Gesellschaftsorganen also Board und Hauptversammlung auf die Finanzintermediäre, Finanzdienstleister und sonstigen Hilfsorgane des Kapitalmarkts, wie z. B. Assetmanager, Proxy-Advisors usw.
Das trifft einen sehr wichtigen Punkt, denn wir sehen doch heute, dass die Hauptversammlung, so wie der Gesetzgeber des Aktiengesetzes ’37 und ’65 sie sich noch vorgestellt hatte, nicht mehr existiert. In der Hauptversammlung sitzen kaum noch Privataktionäre, die sich aufrecht und wacker zum Polizisten im Interesse ihrer Mitaktionäre machen und in der Versammlung oder am Buffet …
WeiterlesenWarum kein 5er-Aufsichtsrat?
Warum kann der Aufsichtsrat einer (nicht mitbestimmten) Aktiengesellschaft nicht aus 5 oder 7 oder 13 Personen bestehen? Die positivistische Antwort verweist auf § 95 I 3 AktG: „Die Zahl muss durch drei teilbar sein.” (Ebenso bei der SE: § 17 I 3 SEAG). Danach muss man sich in der Praxis richten, das ist klar. Aber man wird doch fragen: Warum ist das so? Wo liegt der Sinn der zwingenden Dreiteilbarkeitsregel? Die Antwort lautet: es gibt keinen.
Die Teilbarkeit durch drei blieb vor über 20 Jahren stehen, als das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts die Drittelmitbestimmung auf bereits bestehende Gesellschaften (dazu BVerfG v. 9.1.2014) sowie auf neue Gesellschaften …
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